Die erste Vierschanzentournee mit Skisprung fand auf der „alten“ Bergisel-Schanze 1953 statt. „Bubi“ Bradl siegte. Kaum zu glauben: Es gab damals weder Skisprung-Anzüge noch Sicherheitsbindungen. Die Ausrüstung entwickelte sich fortlaufend, die Schanze und das Stadion kamen zwar in die Jahre, aber bleiben bis heute ein markanter Eyecatcher Innsbrucks, der viele Geschichten im Gepäck trägt.
Die Bergisel Geschichte reicht allerdings noch weiter zurück. Vor über 200 Jahren kämpften auf dem Berg mutige Tiroler für ihre Freiheit. 1927 fand dann das erste Bergisel-Springen (Tiroler Meisterschaft) auf der Naturschanze statt. Der Sieger sprang damals 47,5 m. Nur ein Jahr später wurde der erste Sprungturm aus Holz gebaut mit einem Anlauf von 100 Metern und dem Schanzenrekord von 53 Metern.
Anlässlich des Papstbesuches von Johannes Paul II. und der Messe am Bergisel 1988 mit über 60.000 Gläubigen, wurde von der Stadt Innsbruck 1990 ein internationaler Ideenwettbewerb zur Umgestaltung des Bergisel-Stadions ausgeschrieben. Bis die Umsetzung des Bauprojektes Formen annahm, sollten allerdings noch einige Jahre vergehen.
Nachdem der Internationale Skiverband ankündigte, der Bergisel-Schanze seine Sprungtauglichkeit zu entziehen, kam wieder Schwung in das aufwendige Umbauprojekt. In Kooperation mit der Stadt Innsbruck wurde 1999 vom Österreichischen Skiverband ein Wettbewerb für den „Neubau Bergisel-Schanze mit Aussichtscafe“ ausgeschrieben. So wurde der Wiederaufbau schließlich an die Star-Architektin Zaha Hadid vergeben.
Die 2016 verstorbene irakisch-britische Architektin Zaha Hadid war vor allem für ihre präzisen, futuristischen Skizzen und die kurvigen Linien ihrer Gebäude bekannt. Als erste Frau erhielt sie 2004 die bedeutendste Ehrung in der Architektur, den Pritzker-Architekturpreis. Die Herausforderung der Bergisel-Schanze, so Zaha Hadid, habe darin gelegen, ein ursprünglich fremdes Element (Café und Aussichtsterrasse) in eine vorgegebene Formel (die Sprungschanze) zu integrieren.
2001 war es schließlich so weit und die Bauarbeiten konnten beginnen. Am 25.03.2001 kam es zur spektakulären Sprengung des alten Schanzenturms, welche sich durch die umliegende Brennerautobahn und die Schienenanlagen als nicht ganz unkompliziertes Vorhaben herausstellte.
Kaum war die „alte“ Schanze entsorgt, konnte mit dem Bau der neuen Sprunganlage begonnen werden. Der Plan: Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Vierschanzentournee sollte das Tournee-Springen auf der neuen Anlage stattfinden. Es wurde Tag und Nacht gearbeitet, um das heute beinahe utopisch anmutende Ziel zu ermöglichen.
Hätte man den genutzten Stahl nebeneinandergelegt, so hätte das Rohmaterial knapp ein ganzes Fußballfeld ausgefüllt. Das verbaute Material summierte sich auf bis zu 13,5 Millionen Euro. Davon könnte man in New York eine kleine Insel kaufen. Unterstützt wurde der Bau durch den Bund, das Land Tirol, die Stadt Innsbruck sowie den ÖSV.
Die Mühe hat sich gelohnt! 2002 wurde die Skisprungschanze mit dem Österreichischen Staatspreis für Architektur ausgezeichnet. Nur die herausragendsten architektonischen Projekte, die Akzente und Impulse setzen, erhalten die besondere Auszeichnung.
Trotz zahlreicher Zweifel gelang es den Verantwortlichen, die neue Schanze pünktlich zum 50. Bergisel-Springen fertigzustellen „That's one of those things God gave us no wings, but he gave us the power to fly from the tower to glide”, klang es bei der von Dietmar Schönherr komponierten Eröffnungshymne.
Den Premierensieg schnappte sich der Deutsche Sven Hannawald, der im weiteren Verlauf der Vierschanzen-Tournee sogar als erster Skispringer der Geschichte alle vier Springen gewinnen konnte. Der gebürtige Schwarzwälder siegte mit Weiten von 134,5 und 128 Metern. Seine Worte zum Sprung: „Es ist einfach ein schönes Gefühl. Das ist Genießen pur.“
Den ersten österreichischen Heimsieg holte sich Wolfgang Loitzl erst sieben Jahre nach dem ersten Skispringen am neuen Bergisel. Damit war endlich der Bann gebrochen und auch in den darauffolgenden vier Jahren triumphierten mit Gregor Schlierenzauer, Thomas Morgenstern und Andreas Kofler gleich drei weitere ÖSV-Adler in Innsbruck.
Den Schanzenrekord bei den Skispringern hält im Winter der österreichische Skispringer Michael Hayböck (2015) mit 138 Metern. Im Sommer gilt es Adam Malysz (2004) mit 136 Metern zu toppen. Jährlich reisen bis zu 22.500 Fans zum Tourneespringen an den Bergisel, verwandeln das Stadion in einen regelrechten „Hexenkessel“ und sorgen für eine im Skisprungweltcup einzigartige Atmosphäre.
Die beeindruckende Architektur der Sportanlage hat auch für Menschen abseits des Spitzensports eine große Anziehungskraft. Der 50 Meter hohe Turm lockt mit dem Panoramarestaurant „Bergisel Sky“ und einer Aussichtsplattform mit einem 360° Rundblick auf die Stadt und die umliegende Bergkulisse. Nur wenige Meter entfernt befindet sich das Museum Tirol Panorama mit dem Rundgemälde, von wo aus auch ein Panoramaweg rund um das Innsbrucker Wahrzeichen führt.
Um die Aussichtsplattform zu erreichen, können Gäste 455 Stufen zu Fuß vom Eingang des Stadions bis zur Skisprungschanze hinaufgehen oder sich mit dem Schrägaufzug in nur 2 Minuten auf rund 250 Meter über Innsbruck befördern lassen.
Bereits dreimal kam die Sportstätte schon zum olympischen Einsatz. In den Jahren 1964, 1976 und bei den Olympischen Jugendspielen im Jahr 2012.
Trotz Heimvorteil an der bekannten Sprungschanze steht die Erfolgsquote der ÖSV-Adler unter keinem ausgesprochen guten Stern. Lediglich 1933, 1985 und erst wieder 2019 bei den Weltmeisterschaften konkurrierten die Österreicher um Edelmetall. Gleich drei Medaillen konnte das ÖSV-Team dort ergattern.
Das Bergisel ist so wandelbar wie ein Chamäleon, wenn es zur Nutzung der Schanze kommt. 2004 wurde im Auslauf der Schanzenanlage eine Tennisarena errichtet, auf dem der Fed Cup ausgetragen wurde. Im Sommer 2008 verwandelte sich die Sprungstätte im Rahmen der Fußball-Europameisterschaft kurzerhand in eine Public-Viewing-Arena. In diesem Jahr fand dort das Event „Red Bull 400“ statt, wobei tausende Teilnehmer bei den härtesten 400 Meter der Welt an ihre Grenzen gingen, um die legendäre Skisprungschanze von unten nach oben zu bezwingen.
Im Januar 2009 gastierte das Snowboard-Spektakel „Air & Style" zum ersten Mal nach der Sanierung wieder am Bergisel. Dabei handelt es sich um eines der größten Freestyle-Snowboard-Festivals in ganz Europa. Seit 1994 wird es jährlich ausgetragen und gilt als erster Wettbewerb, der seinen Schwerpunkt auf den sogenannten Straight Jump (Big Air) gelegt hat. Die Reaktion der Zuschauer war überwältigend: Das Stadion war binnen Sekunden restlos ausverkauft.
Ein besonders auffälliger Punkt der Bergisel Skisprungschanze: Sie leuchtet bei Nacht. Alle zehn Minuten verändert sich dabei ihre Farbe. Dank neuer Steuerung lassen sich auch unzählige Flaggen-Farbkombinationen programmieren, die beispielsweise bei Wettkämpfen die jeweiligen Länder inszenieren können.