Bernhard Aichner
Bernhard Aichner

#3 Wie schreibt man einen Bestseller? Krimi-Autor Bernhard Aichner zu Gast beim „K“

In dieser Folge braucht man eigentlich nur die Worte Lederjacke, Buzzcut und Totschlag zu sagen und man weiß schon, von wem die Rede ist. Bernhard Aichner ist der erfolgreichste Literatur-Export Tirols. Ob seine Gedanken auch im Alltag blutrünstig sind, erfahrt ihr in diesem Podcast.

Bernhard Aichner ist Bestsellerautor und Erfinder von Krimi-Charakteren wie dem Totengräber Max Broll und der Bestatterin Blum. In seinem 2019 erschienenen Thriller “Der Fund” beschäftigt er sich mit dem Schicksal einer Supermarktangestellten, die in einer Bananenkiste massenweise Kokain findet. Vor einer Lesung in Pertisau am Achensee treffen wir Bernhard in der Gaststube eines Wellnesshotels und diskutieren  – passenderweise – über Lesen in der Sauna, Schreiben mit der Hand und Singen wie Helene Fischer.

 

Shownotes

Bernhard Aichner wächst im kleinen Osttiroler Ort Sillian auf. Mit 17 Jahren flüchtet er vor dem Dorfleben nach Innsbruck, wo er die Matura nachholt und als Fotograf erfolgreich ist. Schon als Jugendlicher weiß er, dass er Schriftsteller werden möchte, seine ersten Werke erscheinen ab 2000 zunächst im Skarabäus und Haymon Verlag. Mit „Totenfrau“ (btb) unternimmt er einen Genrewechsel, der ihm 2014 schließlich zum Durchbruch verhilft. Das Werk wird in 16 Sprachen übersetzt und erscheint in Amerika im renommierten Scribner Verlag – jenem Verlag, in dem auch Stephen King seine Werke publiziert. Derzeit wird „Totenfrau“ verfilmt und wird ab 2022 auf Netflix zu sehen sein. Während Aichner normalerweise ein Jahr an einem Buch schreibt, konnte er während der Corona-Pandemie gleich zwei Werke fertigstellen: „Dunkelkammer“ und „Gegenlicht“ sind 2021 im btb-Verlag erschienen.

In dieser Folge von „Das K“ unterhalten wir uns mit Bernhard Aichner über moralische Dilemmas, warum ein Vergleich mit Helene Fischer keine Beleidung für ihn ist und warum er seit einiger Zeit nach jeder Lesung singt. Wir erfahren, was er mit einem Kokain-Fund aus der Bananenkiste machen würde, welche Musik ihn beim Schreiben am meisten begleitet und warum Aichner phasenweise den ganzen Tag im Bett liegt.

Aichner ist ein Krimiautor, der keine Thriller lesen kann – weil es ihn um den Schlaf bringen würde. Stephen KingsEs“ musste er nach ein paar Seiten weglegen. Dennoch mutet er seinen Figuren „unermesslich Grausames“ in seinen Büchern zu. Bei aller Blutrünstigkeit ist ihm wichtig, dass seine Figuren berühren – auch wenn sie Mörder sind. „Faszinierend beim Krimi-Schreiben ist für mich die Frage, warum wird jemand zum Mörder? Wie kam’s, wie tickt der? Der hat ja auch was Gutes…irgendwann war der ja kein Mörder, bevor er einer wurde.“ Der Bestseller-Autor nennt Krimis „eine Auseinandersetzung mit dem Dunklen in der Welt“ für sich und seine Leser – mit der Möglichkeit, das Buch einfach wieder zuschlagen zu können: „und es ist alles gut, es ist nichts passiert.“

Friedhöfe gehören schon für das Kind Bernhard Aichner zu seinen liebsten Plätzen. „Da hatte ich das Gefühl, da kann mir nichts passieren – die sind alle tot“, erzählt er von seiner Zeit als Ministrant im kleinen Osttiroler Dorf Sillian. Und auch heute noch besucht er bei jeder Reise die Friedhöfe der jeweiligen Orte. Und das nicht (nur), um Namen für die nächsten Romane zu finden. Aichner ist der Typ Mensch, der sich seinen Ängsten stellt. Um seiner Angst zu begegnen, einmal wirklich eine Leiche zu sehen, machte er kurzerhand ein Praktikum in einem Bestattungsinstitut, wo er den Passant für seine Trilogie zu Brünhilde Blum recherchiert.

Für seine Arbeit sperrt sich der Bestseller-Autor nicht im stillen Kämmerlein ein. Er schreibt im Zug, im Bett und in seinem Arbeitszimmer – bei weit geöffneten Türen. Er mag es, wenn die Dinge um ihn herum leben: das Buch, dessen Blätter sich durch’s Lesen in der Sauna wellen, die leeren Seiten seiner Notizbücher, die er handschriftlich mit seinen Werken füllt und auch die Interaktionen mit seinen Lesern, die er freundschaftlich „Schnuggis“ nennt.

Aichners Optimismus zieht sich durch alle Bereiche. Es offenbart sich am Interesse an seinem Publikum, das er durch Gespräche nach seinen Lesungen stillt, an seiner Vorliebe für das Lesen von Danksagungen und an der Einstellung, dass jedes seiner Bücher – ob in kleiner Auflage oder als Bestseller gedruckt – für den Autor „wie ein Baby“ ist. „Ich lebe extrem gern, aber ich weiß, es kann anders kommen. Das gehört zum Leben dazu. Das Sterben ist Teil davon.“

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