basecamp

Camping-Urlaub muss sich nicht auf Grillen und Fernsehen im Vorzelt beschränken. Wir haben ein verlängertes Action-Wochenende mit der naturnahen Übernachtungsoption verbunden. Kann man machen!
Die frische Bergluft in der Nase, im Ohr das Plätschern eines Fließgewässers, im Blick ein grünes Waldidyll. So stellt man sich Urlaub in Tirol vor, so kennt man ihn, wenn man in einem Hotel oder einer der vielen familiär geführten Pensionen unterkommt – umgeben von Natur, mit Balkon und Bergpanorama. Wer allerdings noch näher dran sein will am Berg und an der Welt da draußen, an den Gerüchen und Geräuschen, am Licht und am Sommerwind, der sollte Tirol einmal hautnah erleben, also zelthautnah: Wenn maximal eine doppelte Membran einen von den Elementen trennt, steigert sich die Urlaubsintensität nochmal.
1. Basecamp

Die Ötztaler Ache rauscht hinter einem Waldstreifen am Camping Ötztal Längenfeld vorbei, das Nachmittagslicht fällt in schrägen Streifen auf die Wiese vor unserer improvisierten Wagenburg aus zwei Bussen, zwei Kuppelzelten – und einem hohen Tunnelzelt mit Schlafkabine und kleinem Vorzelt. Schließlich wollen wir uns im Fall eines Gewitters oder anderweitigen Regengusses nicht sofort in die Horizontale begeben müssen. Andererseits möchten wir es aber auch nicht übertreiben und hier gleich einen ganzen Hausrat installieren, so wie manche unserer Nachbarn, die sich gerne auch schon nach dem Mittagessen in eine Art Couch-Ecke mit Fernseher hinter Klarsichtfolie zurückziehen. Aber gut: Es gibt eben ganz unterschiedliche Bedürfnisse auf so einem Campingplatz.

Unsere sind, neben naturnaher Unterbringung: Viel unterwegs sein, sommerlicher Bergspaß aller Art, gerne spontan und nach Wetterlage, weshalb wir auch unsere Fahrzeuge nicht so sehr in das Lager verbaut haben, denn wir möchten sie ja noch zur Fahrt auf einen Wander- oder Kletterparkplatz bewegen.
Die Anfahrt zu den verschiedenen Tagesaktivitäten wäre natürlich auch mit dem Mountainbike möglich, aber auf der Fahrradseite unseres Programms haben wir uns dieses Mal für die Rennräder entschieden … doch jetzt sitzen wir erstmal hier, auf Klappstühlen, Jannis hat bereits die Wäsche aufgehängt, Elena den Tisch gedeckt, ich schneide Auberginen und koche einen Tomatensugo für die Pasta. Wir brauchen Kohlenhydrate, und zwar reichlich, schließlich haben wir heute bereits mehr als 1.600 Höhenmeter in den Beinen.
2. Bergtour

Jannis hatte eine großzügige Wanderung zur hohen Wasserfalle herausgesucht, von Niederthai aus. Dort waren wir bereits am ersten Tag unseres verlängerten Action-Camp-Wochenendes unterwegs gewesen, um die magische Riss- und Wandkletterei auszuchecken, die man dort an schwarz-grauen Granitblöcken findet, wie von einem Riesen aus einem Märchenfilm in einem Wald verstreut. Abenteuerlicher – und anstrengender – war jedoch der heutige Tag.

Hinauf ging es am frühen Morgen durch steilen Nadelwald bis zu den ersten Alm- und Jagdhütten auf 2.000 Metern Höhe, wo sich bereits ein prächtiger Ausblick über das mittlere Ötztal bot. Vom Narrenkogel zieht sich ein schmaler Pfad auf einem Grasrücken hinauf zum Poschachkogel, der das Ende des Südgrats zur Hohen Wasserfalle markiert.
Auf 2.600 Meter Höhe nahmen wir ein Bad in einer Postkarte, beziehungsweise: dem Gruesee, einer eiskalten, kristallklaren Wanne in der Mitte des Motivs. Erfrischt stiegen wir weiter ins Gruejoch, wo wir den verblockten Südostgrat der Wasserfalle in Angriff nahmen. Leichte Kraxelei in kaum markiertem Gelände, an klirrendem Urgestein … so etwas findet man ganz leicht in den wilden Stubaiern, man muss nur ein bisschen suchen und auf der Karte ein paar Touren zu einer Runde nach eigenem Geschmack zusammenlegen.


Vom Gipfel führt eine steile Felsrinne hinab ins Wannenkar, an kurvig mäandernden Bächen entlang bis auf sattgrüne Almwiesen, wo wir uns zum Grauvieh ins Gras legten. Der Kaiserschmarren an der Schweinfurter Hütte kam danach gerade recht. An den Hängen oberhalb des Hairlachbachs beobachten wir einen Bergbauerntrupp bei der Heuernte, die hier auf den abfallenden Wiesen offenbar tatsächlich am schnellsten und effizientesten per Sense bewerkstelligt wird.
Vom Gipfel führt eine steile Felsrinne hinab ins Wannenkar, an kurvig mäandernden Bächen entlang bis auf sattgrüne Almwiesen, wo wir uns zum Grauvieh ins Gras legten. Der Kaiserschmarren an der Schweinfurter Hütte kam danach gerade recht. An den Hängen oberhalb des Hairlachbachs beobachten wir einen Bergbauerntrupp bei der Heuernte, die hier auf den abfallenden Wiesen offenbar tatsächlich am schnellsten und effizientesten per Sense bewerkstelligt wird.
Der Höhepunkt des Ausflugs lag da allerdings schon etwas zurück, am Anfang unseres langen Marsches. Zwischen Moosbeersträuchern und licht stehendem Nadelholz: Steinpilze, felsfarben und teils faustgroß, die wir vorsichtig aus dem weichen Untergrund drehten. Und die jetzt, fein geschnitten, im Olivenöl brutzeln, das der Gaskocher ganz schnell und unkompliziert auf die richtige Hitze bringt. Die kommen gleich aufs geröstete Brot. Bruschette. Vor Spaghetti à la Norma. Es steht schließlich nirgendwo in der Platzordnung, dass man von Astronautennahrung leben muss, nur weil man kein festes Dach über dem Kopf hat. Leider ist das wunderschöne Beiried vom Tiroler Grauvieh bereits weg, das war schon gestern auf dem Grill.
Am Campingplatz herrscht geschäftiges Treiben, wir haben zwischenzeitlich auch die Vorzüge des „Sanitärhauses Bergquell“ zu schätzen gelernt. Auch, wenn mit Bergsee und Fluss genug Wasser im Spiel wäre: Nach so einem Tag voller Sport ist eine heiße Dusche einfach der Luxus, auf den man am wenigsten verzichten möchte. Außer einer wasserdichten Unterkunft natürlich.

Als sich unsere Dinner-Vorbereitungen dem Ende nähern, türmen sich bereits finstere Wolken über dem Geigenkamm auf. Das Gewitter ist uns so willkommen wie einem SUV-Fahrer ein Stück schlammige Bergstraße: Man will schließlich mal wissen, ob das Material wirklich hält, was es verspricht. Tut es. Und so ein Abendessen im warmen Lampenschein, das Zelt wind- und wasserdicht, hat etwas geradezu Romantisches.
Der nächste Morgen ist noch regenkühl, doch man ahnt bereits, dass die Welt gleich anfängt zu dampfen.
3. Rad & Fels

Für die große Rundtour mit den Rennrädern reicht die Zeit diesmal leider nicht. Eigentlich wollte Jannis uns noch ein paar der legendären Passstraßen präsentieren, aber wir haben noch ein Kletterprojekt für den Nachmittag, das unbedingt untergebracht werden soll. Also beschränken wir uns auf einen kurzen Ausflug ins Sulztal, eine Reihe spektakulärer Serpentinen hinauf bis nach Grieß.

Man kommt schön ins Schwitzen, zur rasanten Abfahrt sind die Straßen schon wieder trocken – und die Zelte ebenso, als wir nach einem späten Frühstück mit Spiegeleiern und Speck das Material sortieren, Matten und Schlafsäcke zusammenrollen und unsere hauchdünnen Unterkünfte im Kofferraum verschwinden lassen.
Mittags sind wir an der Wand in Nösslach. Lang sind die Sommertage, noch ist ein ganzer Nachmittag Zeit. Es steht schließlich noch eine der „Great Lines“ an, der schönsten Sportkletterrouten Tirols. Der „Weiße Riese“, eine abwechslungsreiche Kletterei mit wunderbaren Risspassagen im Grad 6b – was für die gerne etwas härteren Routen an vielen Felsen hier im Ötztal unbedingt in den Bereich „Genusstour“ fällt. Nach den Höhenmetern von gestern und heute morgen ist sind wir froh über den kurzen Anstieg. So können wir uns warmklettern und herumprobieren und den großen Klassiker an der Wand erkunden.
Und wer weiß, vielleicht bleibt sogar noch Zeit für einen Sprung in den Piburger See, der oberhalb von Oetz, zwischen hohen Bäumen mit weichem Moorwasser auf Badegäste wartet. Ein bisschen Entspannung gehört schließlich auch dazu, zu so einem Sommerwochenende in Tirol.