Knödel wie bei Oma
Wenige Gerichte erzeugen bei Menschen, die Tirol lieben, so wohlige Erinnerungen wie gut gemachte Knödel. Wir haben vier erfahrene Köchinnen gebeten, uns ihre besten Rezepte zu verraten. Während der Zubereitung haben sie erzählt, welche Geschichten sie mit den runden Wundern verbinden.
„Immer einen Probeknödel machen!“
Agnes Kreidl, 65, lebt auf dem Pirchnerhof bei Schwaz. Ihre Spezialität: Fastenknödel.
Ich habe das Kochen von der Großmami gelernt. Die Mama war immer aufm Feld oder im Stall oder bei den Gästen. Aber zu der Großmami konnte ich immer kommen. Das war toll. Obwohl es da immer Arbeit gab wie Äpfel oder Erdäpfel schälen.
Das Knödelmachen war damals sauanstrengend, weil der Holzofen immer wieder ausgegangen ist. Das ist heute viel einfacher.
Früher gab es sehr oft Knödel. Da mochte ich sie manchmal nicht mehr sehen. Heute essen wir vielleicht alle zwei Wochen Knödel. Und ich weiß sie wieder viel mehr zu schätzen: leicht zu machen, sättigend – und die Zutaten hat man fast immer da, vor allem, wenn man wie ich auf einem Bauerhof wohnt. Zu 80 Prozent sind wir Selbstversorger hier.
Ich erinnere mich noch an ein Lied aus meiner Kindheit: „Wos is heit für a Tog?“ Montag war Knödeltog. Dienstag Nudeltog und Freitag eben Fasttog.
In die Fastenknödel kommen Brot, Milch, Eier und ganz viel frische Kräuter aus dem Garten, Petersilie und Schnittlauch. Und Zwiebeln, die man vorher anbraten muss. Meine Extrazutat ist Muskatnuss – ich glaube, das machen auch nicht so viele. Dazu gibt es zum Beispiel braune Bohnen.
Wir betreiben den großen Hof hier als Familie. Ich habe fünf Kinder und zwölf Enkel. Und so geben wir das wertvolle Wissen immer von Generation zu Generation weiter.
Ein wichtiger Tipp von meiner Großmami: Immer einen Probeknödel machen! Sie hat dann geschaut, wie es ihm im Wasser geht. Wenn er zerfallen ist, dann kann man noch ein bisschen Mehl reinmachen. Aber das ist bei ihr eigentlich nie passiert. Bei der Großmami waren die Knödel einfach immer perfekt.“
„Du kannst erst heiraten, wenn du Knödel machen kannst.“
Elisabeth Bosak, 72, vom Achensee. Ihre Spezialität: Kaspressknödel
Mit vier Geschwistern bin ich auf einem Bergbauernhof im Stubai aufgewachsen. Wir hatten nicht viel. Und ich bin bis heute beeindruckt, wie meine Mama trotzdem so leckere Gerichte gezaubert hat. Auch Knödel hat sie mir beigebracht, hat immer gesagt: ‚Du kannst erst heiraten, wenn du Knödel machen kannst.‘ Eine Delikatesse kannte ich in meiner Jugend aber nicht: Kaspressknödel. Des können die im Oberland einfach nicht so gut.
Später bin ich für meinen Mann an den Achensee gezogen, und in dieser Region muss man einfach Kaspressknödel machen. Das sind für mich die besten Knödel. Am Anfang hab ich öfter mal was falsch gemacht. Der Teig war zu weich, und sie sind zerfallen. Das Problem ist ja: Wie er genau sein muss, das kann dir niemand sagen. Das musst du fühlen. Mit den Händen. Das hat mich früher immer geärgert, wenn man mir nicht genau sagen konnte, wie ich das machen muss. Aber heute weiß ich, was sie gemeint haben.
Mein Geheimtipp für die Kaspressknödel: Ich mache immer recht viel Graukas rein. Meine Mama hat den Graukas immer selbst gemacht. Ich sehe heute noch vor mir, wie sie den Topfen mit den Gewürzen in die Schüssel gab. Graukas ist wichtig bei uns im Stubai. Und so habe ich einen Teil der alten Heimat mitgebracht. Außerdem kommen bei mir Eier und Kartoffeln rein. Ich finde, dann werden die Knödel viel saftiger.
Zur Sicherheit habe ich immer noch einen ganz alten Graukas im Kühlschrank – den Zieger – falls der andere zu mild ist. Da muss schon ordentlich was rein an Geschmack. Manche Leute haben extra einen zweiten Herd im Keller, da-mit nicht das ganze Haus nach Käse riecht. Aber ich finde: Das kann man ruhig riechen.“
„Bunt müssen sie sein!“
Anna Werlberger, 59, aus Kitzbühel. Ihre Spezialität: Tiroler Speckknödel.
Dienstag und Donnerstag waren in meiner Kindheit Knödeltage. Das war was Besonderes. Wir als Bauern hatten zum Glück ja ein bisschen häufiger Speck und Wurst auf dem Tisch als die Normalbürger. Nach den Knödeln war man richtig satt. An den Knödeltagen haben wir auch die Kühe nicht auf die Alm gebracht. Ein alter Aberglaube – man hatte Angst, dass die Tiere nicht alle heil zurückkommen und zu früh als Knödelfleisch enden.
Meine Mutter hat mir schon früh beigebracht, wie man Tiroler Speckknödel macht. Mit etwa zehn Jahren habe ich dann schon alleine das Gericht für die ganze Großfamilie, sieben Geschwister, Großvater und Tante gemacht. Deshalb brauch ich kein Kochbuch, sondern mache alles nach Gefühl, die Mengen, die Zutaten. Zuerst röste ich schön viel Speck und Wurst an. Kleiner Geheimtipp: Immer die Pfanne im Anschluss mit Wasser ausschwenken und den Sud anschließend in die Knödelmasse geben. So geht der Geschmack nicht verloren!
Ansonsten tu ich nur Salz rein und klein geschnittene Frühlingszwiebeln. Jetzt im Sommer hole ich frische Kräuter aus dem Garten wie Petersilie und Schnittlauch. Ich liebe es, die Knödel auf dem Teller aufzustechen – diese Farben. Im Winter sind die Knödel ein bissl blasser, schmecken aber fast genauso gut. Bei uns gibt’s auch heute noch recht oft Knödel. Das letzte Mal circa vor einer Woche.
Wir essen zweimal warm am Tag. ,Bloß nicht jausen!‘, sagt mein Mann immer. Ein österreichisches Sprichwort sagt auch: ‚Ein Mittagessen ohne Knödel is nix, denn wenn man keinen Kn-del isst, hat man den ganzen Tag Hunger.‘ Ich denke, dass ich deswegen auch so schlank bin. Wennst nix Gescheites isst, tust naschen am Abend. Und das mache ich selten!“
„Am liebsten mache ich Hausmannskost!“
Waltraud "Wally" Rofner aus Weerberg. Ihre Spezialität: Leber- und Zwetschgenknödel
Meine ersten Knödel habe ich mit 15 Jahren gemacht. Die sahen nicht wirklich gut aus. Seitdem habe ich unzählige Knödel gemacht. Und Übung macht den Meister. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich früher mit der Mama in der Küche stand. Auch das Rezept für Leberknödel hab ich von ihr gelernt – dazu gibt es natürlich Rindsuppe. Ich verwende immer Dinkel-Knödelbrot.
Dazu frischer Majoran und ganz viel Schnittlauch. Bei meiner Mama habe ich noch gelernt, ganz viel mit Schmalz und Fett zu kochen. Heute koche ich gesünder und sehr figurbewusst. Wichtig ist, dass man beim Metzger ‚faschierte‘ Leber bestellt, dann hat sie die passende Konsistenz. Außerdem kommen bei mir Frühlingszwiebeln und Knoblauch rein, ein bisschen Zitronenschale für den frischen Geschmack – und Backpulver, damit die Knödel leicht aufgehen.
Den Trick mit der Zitronenschale habe ich aus einem Kochbuch. Das liebe ich beim Kochen! Es wird nie langweilig.
Bevor ich die Knödel drehe, packe ich zwei Löffel Semmelbrösel dazu. Das ist auch ein Geheimtipp, damit sie besser zamhalten. Aber Achtung: nicht zu viel! Die Kunst ist es, die perfekte Festigkeit zu bekommen. Wer zu viel Mehl reinmacht, kann sie gegen die Wand werfen ...
Fürs Drehen müssen die Hände schön nass sein. Die Knödelmasse muss sich richtig glitschig anfühlen. Ich bin jedes Mal sehr gespannt, ob und wie sie schmecken. Aber bisher haben sie immer allen geschmeckt.
Ich mache die Arbeit ja nicht für mich allein, am liebsten stelle ich einen riesigen Topf mit ganz vielen Knödeln in die Mitte. Denn mit Knödeln verbinde ich auch das gemeinsame Essen in geselliger Runde. Und wenn die Zeit reicht, gibt es Zwetschgenknödel als Nachtisch.“
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