Auf dem Gipfel der Liebe: Timna & Juan
Jedes Jahr verlieben sich Menschen aus der ganzen Welt in die Tiroler Berge und Kultur – und manche verlieben sich auch in eine Tirolerin oder einen Tiroler. Wir haben internationale Paare gefragt, welche Rolle die Berge in ihrer romantischen Geschichte gespielt haben.
Die erste Tirolerin in der Pampa
Timna, 31, und ihr argentinischer Mann Juan, 34, lernten sich an einem süd-amerikanischen Strand kennen. Heute lebt die Familie in Innsbruck.
Timna: Vor Jahren machte ich einen Spaziergang an einem Strand in Kolumbien. Plötzlich hielt mir jemand ein Schild vor die Nase, auf dem stand: „Hör nie auf zu lächeln, denn vielleicht könnte sich jemand in dein Lächeln verlieben.“ Ich dachte mir: Na super, schon wieder so ein aufdringlicher Kerl.
Juan: Ich habe zu dem Zeitpunkt in einem Hostel gearbeitet, und eine meiner Aufgaben war es, die Touristen in unser Restaurant zu locken.
Ich war eigentlich auf der Suche nach einem Argentinier, der geführte Kajaktouren anbot, um nachts fluoreszierendes Plankton beobachten zu können. Eigentlich hatte ich mich schon entschlossen, auf eigene Faust loszupaddeln. Dann stellte sich heraus, dass der Typ mit dem Schild eben dieser Argentinier war.
Unter dem Vorwand, dass es in der Gegend gefährliche Strömungen und Krokodile gibt, habe ich dann darauf bestanden, Timna zu begleiten.
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Vom Plankton haben wir in der Nacht nicht viel gesehen, aber wir haben uns sehr gut verstanden und sind uns bei Mondschein und Lagerfeuer irgendwann nähergekommen. Ich bin dann weiter nach Panama und wollte eigentlich zum Amazonas reisen, als ich bemerkte, dass ich schwanger war. Ich bin also zurück nach Kolumbien, um Juan davon zu erzählen. Wir waren beide sehr aufgewühlt, wir kannten uns ja kaum. Aber wir beschlossen, es gemeinsam zu probieren.
Wir sind dann zurück in meine Heimat, ein winziges Dorf in der argentinischen Pampa. Ich bin mir relativ sicher, dass Timna die erste Österreicherin ist, die den Ort besucht hat. Als wir beschlossen zu heiraten, war das Aufsehen noch größer.
Den Weg zum Standesamt haben wir mit dem Fahrrad zurückgelegt. Ich saß auf dem Gepäckträger, und wir zogen mit Schnüren leere Dosen hinter uns her. Das hatte man dort noch nie gesehen. Bald darauf sind wir nach Österreich, weil ich unser Kind hier bekommen wollte.
Für mich waren die ersten Monate hier ein Kulturschock. Ich wollte eigentlich nie nach Europa, wenn überhaupt, dann als Rentner. An meinem ersten Tag in der Deutschschule habe ich nach zwei Stunden frustriert meine Sachen gepackt und bin gegangen.
Aber obwohl du noch nicht perfekt Deutsch sprichst, quatschst du schon beim Kennenlernen munter drauflos. Diese Offenheit wirkt auf manche hier sicher etwas irritierend. Jedenfalls ist mir durch Juan bewusst geworden, wie korrekt und zurückhaltend die meisten Tiroler sind.
In der Tat geht man hier sehr respektvoll miteinander um. Dass ich beim Autofahren nicht hupen soll, um jemanden zu grüßen, finde ich seltsam. Aber der Korrektheit kann ich auch etwas abgewinnen. Ich habe schon Schlüssel und Geldbeutel verloren und beides problemlos zurückbekommen.
Auf dem Gipfel der Liebe
Dieser Artikel ist Teil der Serie "Auf dem Gipfel der Liebe". In dieser Serie porträtieren wir Paare, die in Tirol leben und aus einer Tiroler und einer Nicht-Tiroler Hälfte bestehen.
Ich werde mich nie an Juans Flucherei gewöhnen – zum Glück nur auf Spanisch.
Eins der ersten Wörter, die ich hier gelernt habe: Geduld. Das habe ich ständig gehört. Geduld Juan, Geduld. Damit tue ich mich etwas schwer.
Uns verbindet die gemeinsame Liebe zu den Bergen. Wir sind so viel wie möglich draußen unterwegs. Juan hat auch direkt einen Kletterkurs gemacht, dabei konnte er damals fast gar kein Deutsch.
Ich habe mir dann Klettervideos mit Untertiteln angeschaut. In Patagonien war ich eine Weile Hüttenwirt im RefugioOtto Meiling, ein deutscher Auswanderer und großer Bergsteiger. Er hat dort viele Erstbesteigungen gemacht und die erste Skischule des Landes gegründet.
Seitdem Juan hier ist, hat er einige Eigenschaften der Tiroler übernommen: In seiner Freizeit ist er jetzt ständig in den Bergen.
Der erste ganze Satz, den ich auf Deutsch konnte: „I bin a Tiroler.“ Das war wahrscheinlich kein Zufall. Eine Sache, an die ich mich aber eher nicht gewöhnen werde, ist, dass ihr Schnitzel mit Marmelade esst.