Auf dem Gipfel der Liebe: Michael & Markus
Jedes Jahr verlieben sich Menschen aus der ganzen Welt in die Tiroler Berge und Kultur – und manche verlieben sich auch in eine Tirolerin oder einen Tiroler. Wir haben internationale Paare gefragt, welche Rolle die Berge in ihrer romantischen Geschichte gespielt haben.
Die Entdeckung der Langsamkeit
Der Funke sprang erst beim zweiten Treffen über. Heute führen Michael Reiter, 34, und sein Mann Markus, 45, das Hotel „Eiserne Hand“ in Fieberbrunn.
Markus: Ich bin 2009 aus Berlin nach Tirol gezogen, weil ich als Rezeptionist in Scheffau arbeitete. Micha habe ich dann auch direkt über eine Dating-App kennengelernt, aber er war mir damals zu jung. Zwischen uns sind elf Jahre Altersunterschied.
Micha: Das Leben ist eine Datingshow wie der Bachelor auf RTL. Und damals habe ich leider nicht die letzte Rose bekommen.
Als waschechter Berliner war ich Trubel rund um die Uhr gewohnt. In Scheffau war genau das Gegenteil der Fall: Hier war gar nix los. Ich saß immer wieder heulend auf der Treppe, weil ich dachte, doch den falschen Weg eingeschlagen zu haben. Geblieben bin ich dann trotzdem, weil mir die Menschen gefallen haben. Die waren so entspannt.
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Knapp zehn Jahre später haben wir uns wiedergetroffen und sind dann auch zusammengekommen. Ich hatte zu dem Zeitpunkt bereits unser Familienhotel übernommen, das ich mittlerweile in fünfter Generation leite. Markus wurde also nicht nur Teil unseres Betriebs, sondern auch unserer Familie.
Und zwei Jahre später haben wir geheiratet.
Bei uns darf man als gleichgeschlechtiges Paar erst seit 2019 standesamtlich heiraten – und ich wollte in unserer Gemeinde unbedingt die Premiere veranstalten. Wir haben eine riesige, dreitägige Party gefeiert, mit rosa Teppich vor dem Standesamt und allem Drum und Dran. Die ganze Gemeinde war da, fast 450 Leute.
Die wollten nur schauen, ob du wirklich mit einem Brautkleid aus dem Auto steigst. Micha hatte sich da vorab einen kleinen Scherz auf Facebook erlaubt.
Was mir gerade auffällt: Du bist jetzt seit mehr als einem Jahrzehnt hier und sprichst immer noch kein Wort Dialekt.
Ich bin ja auch Berliner.
Ja, er hat so einen Berliner Stolz. Er weigert sich regelrecht, auch nur ein Wort Tirolerisch zu sprechen. Wenn Einheimische bei uns im Hotel anrufen, reicht er den Hörer immer direkt an mich weiter.
Tatsächlich mag ich aber die Tiroler Sprache: Hier geht es locker zu, alle duzen sich, selbst zum Polizisten und zur 98-jährigen Oma sagt man hier selbstverständlich „Du“. Wir Berliner sind ja bekannt für unsere Schnauze. Ich finde, das ergänzt sich ganz gut!
Ich werde mich nie daran gewöhnen, wie ihr untereinander redet. Wenn wir Gäste aus Berlin haben, denke ich jedes Mal: Wenn ich so mit unseren Tirolern reden würde, hätte ich schon längst eine Backpfeife bekommen.
Ich werde mich dafür nie in den Kuhstall trauen. Bevor ich nach Tirol gekommen bin, war ich noch nie auf einem Bauernhof. Vor den Stieren, die Michas Familie hat, habe ich einen Heidenrespekt. Zum Glück kümmern sich Micha und sein Papa um die.
Aber heuen musst du auch.
Stimmt, da helfe ich gerne mit. Das ist generell eine schöne Erfahrung für mich: Micha ist ja sehr eng mit seiner Familie. Die sitzen abends zusammen, spielen Karten. Jeden Tag um Punkt 11 Uhr wird gemeinsam Mittag gegessen. Bei uns in Berlin gab es das nicht.
Auf dem Gipfel der Liebe
Dieser Artikel ist Teil der Serie "Auf dem Gipfel der Liebe". In dieser Serie porträtieren wir Paare, die in Tirol leben und aus einer Tiroler und einer Nicht-Tiroler Hälfte bestehen.
Das Witzige ist: Seitdem ich mit Markus zusammen bin, sind wir öfter mal in Berlin. Und ich finde die Großstadt super. Man muss niemanden grüßen, es gibt eine riesige Auswahl beim Shoppen, alles ist so vielfältig. Also ich könnte mir durchaus vorstellen, in Berlin zu leben.
Aber ich nicht. Dafür liebe ich die Tiroler Gemütlichkeit mittlerweile viel zu sehr. Auf den Stress und die Hektik der Großstadt kann ich gut verzichten.