Wie im freien Fall – Vier Teenies in ihrem ersten Skiurlaub
TEXT: TANYA FALENCYK & JÖRG KOOPMANN
Faszination Skiurlaub in Tirol: Der erste Ausblick von der Bergstation am Hoadl.
Wie fühlen sich die Berge Tirols an, wenn man mehr als 1.000 Kilometer weiter nördlich und knapp über dem Meeresspiegel lebt? Die Schwestern Asta, 18, und Hannah, 14, gehen in Kopenhagen zur Schule und wollten in den Winterferien, die man im bergfreien Dänemark übrigens tatsächlich „skiferien“ nennt, endlich wirklich Ski fahren. Vor vier Jahren standen die Schwestern schon einmal auf Skiern und träumten seitdem davon, einen richtigen Kurs zu machen, in den richtigen Bergen. Zusammen mit ihren Freunden Albert, 18, und Linnea, 14, fuhren sie also mit dem Zug nach Innsbruck. Einmal umsteigen in Hamburg, dann noch einmal in München, und plötzlich waren sie mittendrin: in den Bergen.
Die Reise dauerte insgesamt sechzehn Stunden: Wie habt ihr die Strecke Kopenhagen–Innsbruck erlebt?
Linnea: Ich war noch nie so lange im Zug unterwegs.
Albert: Mit durchgehend Wi-Fi und den ganzen Videos, die wir geschaut haben, fühlte sich die Strecke viel kürzer an.
Asta: Und es war eine tolle Erfahrung, nachts in Innsbruck anzukommen und am nächsten Morgen aus dem Zimmerfenster die vielen Berge zu sehen.
Albert: Ich war froh, dass wir auf der Heimreise tagsüber von Innsbruck über München gefahren sind, sonst hätten wir verpasst, wie schnell sich die Landschaft dort noch mal verändert.
Der höchste Berg in Dänemark, der Himmelberg, ist 147 Meter hoch. Die Talstation Axamer Lizum liegt auf gut 1.500 Metern Höhe. Habt ihr den Unterschied sofort gespürt?
Hannah: Die Berge waren höher als der Himmel. Ich habe mich so klein gefühlt.
Linnea: Als wir zum ersten Mal an der Talstation standen, mussten Hannah und ich uns erst mal in den Schnee legen, um damit klarzukommen. Das war richtig aufregend.
Ganz oben: Die Berge um Innsbruck herum erschienen Hannah „höher als der Himmel“.
Vorfreude: Linnea, 14 Jahre, zum ersten Mal in der Gipfelgondel.
Himmlisch: Ohne Schneeengel geht es nicht im Tirolurlaub.
Eure erste Stunde auf Skiern verbrachtet ihr auf der flachen Anfängerpiste. Wie lief es?
Hannah: Ich habe gehört, dass man diesen Ort „Idiotenhügel“ nennt. Trotzdem fand ich es ganz schön schwierig.
Albert: Ich fand den Start furchtbar: Der Helm, die Stiefel, man fühlt sich einbetoniert.Ich konnte mich kaum bewegen und war so mit diesem komischen Gefühl beschäftigt, dass ich unserem Skilehrer gar nicht richtig zuhören konnte.
Wie kamt ihr mit eurem Skilehrer Christian zurecht?
Albert: Alles was er in der ersten Stunde sagte, klang für mich mehr nach Physikunterricht als nach Sport: Abwinkeln, Radius, Reibung, Beschleunigung, Schwerpunkt … und dann ließ er mich auch noch diese peinliche Übung zur Gewichtsverlagerung machen, den „Superman“.
Asta: Ich war froh, dass er dich mit diesem Kinderkram beschäftigt hat. So hatte ich das Gefühl, ich wäre schon viel weiter.
Albert: Vor allem auf den steileren Hängen war ich aber wirklich froh, dass Christian dabei war. Ein netter Typ und guter Lehrer –auch wenn er eher nach Surfer als Skilehrer aussah.
Angewandte Physik: Albert kämpfte mit Radius, Reibung, Abwinkeln.
Hannah, Linnea und Asta, war es für euch ein Vorteil, dass ihr schon einmal kurz auf Skiern standet?
Asta: Nach den ersten Kurven habe ich mich an die ganzen Bewegungen erinnert. Danach ging es mit der Koordination besser.
Hannah: Ich habe ziemlich gewackelt. Aber das lag sicher auch daran, dass Linnea und ich die ganze Zeit gekichert haben.
Hattet ihr Angst, als ihr dann zum ersten Mal oben an einer Piste standet?
Albert: Ich hatte ziemlich Respekt vor dem Sport – zwei meiner Klassenkameraden kamen vergangenes Jahr mit einem eingegipsten Arm aus den Skiferien zurück. Das sind aber auch totale Poser, die hatten bestimmt übertrieben.
Hannah: Bei unserer ersten Abfahrt war es ein bisschen nebelig. Ich bin eigentlich nur Christians greller Jacke gefolgt und habe zum Glück nicht gesehen, wie hoch und steil es um uns herum war.
Linnea: Ganz ehrlich: Ich habe mich sehr auf die Herausforderung und die Geschwindigkeit gefreut.
Asta: Du bist auch fast so verrückt wie diese österreichischen Kleinkinder, die einfach so die Piste herunterrauschen. Total furchtlos. Die lernen Skifahren bestimmt schon vor dem Laufen.
Panorama-Jause: Kalorien sind für die vier wichtiger als der Ausblick.
Manche Skifahrer genießen die Natur, anderen ist der Nervenkitzel wichtiger. Zu welchem Typus gehört ihr?
Linnea: Wenn ich abwärtsfahre, konzentriere ich mich total auf den Sport. Wenn ich dann aber stehen bleibe und durchatme, fällt mir die wahnsinnige Landschaft um mich herum wieder auf.
Asta: Ich konnte selbst auf dem Idiotenhügel nicht auf die Landschaft achten, obwohl die wirklich spektakulär war. Mit ein bisschen Übung wird das einfacher.
Eure Ferienwohnung lag im Tal in Götzens. Wie gefiel euch die Lage?
Hannah: Auf der Busfahrt zurück in die Wohnung konnte man das ganze Inntal im Abendlicht sehen. Linnea und ich sind aber meistens schon nach der dritten Kurve eingeschlafen…
Asta: Ich musste euch dann immer nach 15 Minuten wecken, damit wir die Haltestelle an der Dorfkirche nicht verpassen.
Linnea: Wir wohnten im Lenerhof. Jeden Morgen hat uns die Sonne durchs Fenster geweckt. Und an den Frühstückseiern hingen Federn und Erde, ich glaube dort gibt es Hühner.
Hannah: Ja, definitiv. Mich hat jeden Morgen ein Hahn geweckt.
Albert: Die Küche dort war so groß, dass wir immer gemeinsam kochen konnten. Wir waren auch im Dorf und in Innsbruck essen. Das indische Lokal dort war wirklich toll.
Linnea: Nur Kaiserschmarrn haben wir nicht mehr geschafft. Den will ich nächstes Mal unbedingt probieren.
Guten Morgen! Hannah, Asta, Linnea und Albert (von links) wurden im Lenerhof täglich vom Hahn geweckt.
Leben im Tal: Der Talschnee in Götzens reicht gerade noch so für einen Schneemann.
Wie hat es euch in Innsbruck gefallen?
Asta: Ich war überrascht, wie groß die Stadt ist. Aber beim zweiten Besuch kamen mir schon viele Ecken bekannt vor. Und dieses Gefühl, in einer Stadt von Bergen umgeben zu sein, ist total verrückt.
Albert: Durch die engen Gassen, die Pastellfarben und die romantische Stimmung hat es mich an eine mediterrane Stadt erinnert.
Linnea: Und an vielen Häusern gab es alte Schnitzereien. Innsbruck fühlte sich an wie ein sehr historischer Ort.
Asta: Nach drei Tagen Skifahren war ich total k. o. und sehr dankbar für die Pause in der Stadt. An einem Abend waren wir sogar in ein paar Bars in Innsbruck. Ich mochte die Mischung aus Skiurlaub und Städtetrip.
Am Ende eurer Ferien habt ihr euch sogar auf eine blaue Piste am Hoadl getraut. Der Berg liegt mit seinen 2.340 Metern noch mal 800 Höhenmeter über dem „Idiotenhügel“. War das für euch so was wie ein Endgegner?
Linnea: Ich fand es total aufregend. In der Seilbahn auf dem Weg nach oben knackten sogar meine Ohren.
Albert: Als ich dort mit Asta am Aussichtspunkt stand und den Hang hinunterschaute, bis ins Inntal, hatte ich ein Gefühl im Bauch wie auf einem Freefall Tower.
Asta: Die Strecke ist drei Kilometer lang, länger als unser Schulweg zu Hause.
Linnea: Christian meinte, unsere Abfahrt würde ungefähr eine halbe Stunde dauern. Und er hat auch erzählt, dass eine deutsche Rennfahrerin, die „Gold-Rosi“, tatsächlich nur 1:46:16 Minuten ins Ziel brauchte. Unmöglich!
Albert: Nach einer knappen halben Stunde waren wir aber alle sicher unten. Das war ein tolles Gefühl.
Hannah: Wir haben den ganzen Weg nach unten unseren Zauberspruch wiederholt, der wie aus einem Harry-Potter-Film klingt: „Axamer Lizum, Axamer Lizum, Axamer Lizum.“
Axamer Lizum: Skifahren auf olympischen Spuren
Vor den Toren Innsbrucks lockt die Axamer Lizum tiefschneebegeisterte Wintersportler auf die imposanten Kalkkögel. Schon zweimal wurden in dem abwechslungsreichen Skigebiet olympische Wettbewerbe ausgetragen. Mehr Informationen zum Skigebiet