Das Gefühl, zu schweben
Text: Katharina Wildauer, Header-Bild: Fraser Britton/Crankworx 2018
Wenn das Gravity-Mountainbike-Festival Crankworx in Innsbruck Halt macht, gastieren die besten Biker der Welt in Tirol. Nicholi Rogatkin ist einer von ihnen. Mit sport.tirol hat der Athlet über seine Leidenschaft zum Mountainbike, seine Ziele und seine Vorbereitung für das diesjährige Crankworx-Event in der Landeshauptstadt gesprochen.
Mit fünf Jahren fängt Nicholi Rogatkin an, Fahrrad zu fahren. Aber nicht wie die meisten Kinder in diesem Alter. Denn sein Nachbar und Freund Sergei zeigt ihm Sprünge, Drehungen und Tricks mit dem Rad – und zieht Nicholi damit sofort in den Bann. Gemeinsam mit seinem Vater beginnt er schon als kleiner Bub ein BMX-Rad zu fahren – der Auftakt zu einer großen Erfolgsgeschichte. 2018 gelingt ihm mit dem Sieg aller drei Crankworx-Slopestyle-Bewerbe in Innsbruck, Frankreich und Kanada als erster Sportler weltweit der Sieg der Triple-Crown. Nicholis Kindheitstraum, Profi-Sportler zu werden, hat sich allemal erfüllt.
Der Amerikaner Nicholi Rogatkin zählt zu den besten Mountainbikefahrern der Welt. 2018 siegte er bei allen drei Crankworx-Slopestyle-Bewerben und holte sich damit, als erster Athlet überhaupt, die Triple-Crown. © Tirol Werbung
Nicholi, was gefällt dir am Gravity-Mountainbike (MTB)?
Nicholi Rogatkin: Das Gefühl, mit dem Rad zu fliegen, liebe ich am meisten. Mit dem Rad zu schweben und alle möglichen Tricks und Drehungen in der Luft zu machen, ist unschlagbar. Dieses Gefühl liebe ich schon, seit ich ein Kind war, und das treibt mich bis heute an.
Woran denkst du, wenn du mit dem Rad in der Luft bist?
Mit dem Rad in der Luft zu schweben, ist das Gefühl absoluter Freiheit. Da geht es nur um dich und dein Rad und die Hindernisse, die man bezwingen muss. Es ist unbeschreiblich, wenn man die Sprünge überwindet und die Hindernisse auf seine eigene Art fahren und meistern kann.
Was braucht es, um als Gravity-Mountainbiker so erfolgreich zu sein wie du?
Hinter meinem Erfolg steckt sehr viel – das Wichtigste ist, Leidenschaft, Durchhaltevermögen und ein klares Ziel vor Augen zu haben. Um erfolgreich zu sein, braucht es eine gute Mischung daraus.
Was treibt dich an, der Erfolg oder die Leidenschaft für den Sport?
Es geht eindeutig mehr darum, dass man etwas tut, das man liebt. Aber natürlich möchte man auch gut sein darin. Ich glaube, wenn man etwas wirklich leidenschaftlich gerne tut, dann wird man alles geben, um damit auch erfolgreich zu sein. So geht es mir mit MTB.
Was sind deine Ziele und Erwartungen für diese Saison?
Jedes Jahr bin ich auf der Jagd nach einem Weltmeistertitel. Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs, denn hinter so einem Titel steckt eine lange und harte Saison. Für jedes einzelne Rennen braucht es Können, Glück und viel harte Arbeit. Mein Ziel in diesem Jahr ist, bei jedem Bewerb wirklich alles zu geben, um am Ende zu den Besten zu zählen.
Blut, Schweiß und Tränen
Was auf den ersten Blick nach einem scheinbar mühelosen Sprung aussieht, ist mit viel Arbeit und langen Trainings verbunden. Denn in der Top-Liga der professionellen Gravity-MTB-Fahrer steckt hinter jedem Trick am Rad viel Technik, Präzision und Tüftelei am Material.
Welche Rolle spielen die körperliche Fitness, das Mindset und die Ausrüstung?
Mentale und körperliche Fitness sind essenziell, um im Mountainbiken erfolgreich zu sein. Man muss mutig sein und immer die Nerven behalten. Je fitter man körperlich und mental ist, desto besser ist man für die Herausforderungen beim Fahren und Springen vorbereitet.
Wie sieht dein Training aus?
Während der Wettbewerbssaison ist meine Trainingsroutine sehr hektisch. Dann bin ich täglich mehrere Stunden am Bike, wann immer es möglich ist. Denn ich bin in der ganzen Welt unterwegs, um an unterschiedlichsten Orten zu trainieren und an Wettbewerben und Shows teilzunehmen.
© © Fraser Britton/Crankworx 2018
Nicholi Rogatkin
"Mit dem Rad in der Luft zu schweben, ist das Gefühl absoluter Freiheit."
Was gefällt dir an Wettbewerben wie Crankworx?
Bei Crankworx herrscht immer eine unglaublich gute Stimmung. Dort kommen die besten Sportler der Welt zusammen, geben ihr Bestes, um zu gewinnen, und die ganze Welt des Extremsports schaut dabei zu. Es ist jedes Mal einfach nur großartig, dabei zu sein.
Wie bereitest du dich auf solche Bewerbe vor?
Um für die Teilnahme an Events wie Crankworx bereit zu sein, braucht es jahrelange Vorbereitung. Man muss über Jahre hinweg üben, das Mountainbiken in schwierigen Situationen meistern und sich dabei immer selbst fordern und überwinden, damit man an den Start gehen kann.
Wie läuft ein Wettbewerbstag dann letztlich ab?
Das hängt ganz stark von den Wetterbedingungen ab. Der Tag beginnt meist mit einem großen Frühstück. Danach gibt es ein letztes Training, um sich aufzuwärmen und am letzten Schliff für das Rennen zu feilen. Dann geht es darum, in die richtige Stimmung zu kommen. Wir hören gute Musik und feuern uns gegenseitig an, damit wir unser Bestes geben. Wettbewerbstage sind immer unvergessliche Erlebnisse und einfach eine legendäre Zeit, jedes Jahr wieder.
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Weltklasse
Wer einen Blick auf Nicholis letztjährige Erfolge oder seinen Instagram-Kanal wirft, sieht, dass der Amerikaner wohl nicht viel Zeit zu Hause verbringt: Bewerbe in Kanada, Frankreich, Südafrika oder Deutschland. Und auch Innsbruck ist seit drei Jahren als Austragungsort des internationalen Wettbewerbs Crankworx Fixpunkt in seinem Terminkalender.
Wie gefällt es dir hier in Tirol?
Tirol ist eine unglaublich tolle Region. Die Landschaft, die Leute, die Trails – alles hier ist Weltklasse. Mountainbiker aus der ganzen Welt schätzen dieses großartige Erlebnis hier in Tirol sehr. Man kann es hier nur lieben. Deshalb ist es auch perfekt für Events wie Crankworx.
Die Crankworx-Tournee wird noch in Kanada und Neuseeland ausgetragen. Was ist das Besondere hier in Innsbruck?
Das Event in Innsbruck ist wegen der unglaublichen Landschaft so besonders. Der Ausblick vom Whip-Off, der Slopestyle-Kurs und all die anderen Events bei Crankworx hier sind einfach unschlagbar. Und natürlich sorgen das Super-Flair und die Party-Stimmung hier in Innsbruck für eine einzigartige Atmosphäre.
Wie sind die Trainingsbedingungen hier? Hast du einen Lieblings-Trail in Tirol?
Ich habe hier schon einige unfassbar tolle Strecken entdeckt. Meistens trainieren wir auf dem Slopestyle-Kurs oben am Berg, weil es einfach einer der besten, wenn nicht sogar der beste Kurs der Welt ist. Die Bedingungen fürs Mountainbiken hier in Tirol sind großartig. Wir MTB-Sportler haben immer viel Spaß, wenn wir hier sind.
Wie würdest du die Mountainbike-Szene in Innsbruck und Tirol im Vergleich zu anderen Ländern beschreiben?
Das Besondere hier in Tirol ist die Kombination aus tollen MTB-Strecken und Freestyle-Kursen, dem einzigartigen Bergpanorama und Innsbruck, einer der coolsten Städte Europas. Als MTB-Fahrer kann man hier einfach nur eine gute Zeit haben. Ich konnte es kaum erwarten, für Crankworx wieder nach Innsbruck zu kommen.
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Nicholi Rogatkin wurde im Dezember 1995 in Lincoln, Massachusetts, geboren. Mit fünf Jahren saß er zum ersten Mal auf einem BMX-Rad, mit 13 Jahren wurde er zum Freestyle-Radprofi. Seit 2014 fokussiert sich der 24-Jährige auf das Mountainbike. In der Szene ist er für seine spektakulären Stunts und seine präzise Ausführung bekannt. Zu seinen Erfolgen zählen Siege bei Wettbewerben rund um die Welt, unter anderem bei der Freestyle Mountain Bike World Series, der FISE World Tour und Crankworx. 2017 gelingt ihm als erstem Profi-MTB-Fahrer weltweit mit dem „1440“ eine Vierfach-Umdrehung im Slopestyle-Bewerb. 2018 siegt er in allen drei Crankworx-Slopestyle-Bewerben in Innsbruck, Les Gets (Frankreich) und in Whistler (Kanada) und räumt damit als erster Athlet die Triple Crown ab.
Wordrap
Was war dein größter Erfolg?
Der Sieg der Triple Crown im Slopestyle bei Crankworx 2018.
Und deine größte Niederlage?
Mein Sturz beim Red-Bull-Rampage-Event über die Klippen.
Was ist deine größte Stärke?
Dass ich ein Draufgänger bin. Das ist aber gleichzeitig auch meine größte Schwäche.
Wogegen würdest du dein Bike tauschen?
Nichts. Bikes sind mein Leben.
Welchen Sportler bewunderst du?
Den französischen MTB-Sportler Tomas Lemoine.
Wenn du kein Sportler wärst, was wäre dann aus dir geworden?
Wäre ich kein MTB-Fahrer, wäre ich wohl Hockeyspieler geworden. Wenn ich gar keinen Sport machen würde ... keine Idee, was ich dann machen würde.
Dein größter Traum?
Schon als Kind war es mein größter Traum, professioneller Biker zu werden und gegen die Besten der Welt anzutreten. Man könnte sagen, ich lebe zurzeit meinen größten Traum.