Berge & Orte unserer Kindheit
Die erste Gipfel-Besteigung, tierische Begegnungen und kulinarische Belohnungen. Wir haben einen Blick in unsere Fotoalben geworfen und sind dabei auf Kindheitserinnerungen gestoßen, die für viele von uns der Beginn einer lebenslangen Liebe und Verbindung zu den Tiroler Bergen gewesen ist.
In diesem Frühjahr musste ich mehr Zeit in meiner Innsbrucker Wohnung verbringen, als gewollt. Anstatt die erste Frühlingswanderung zu unternehmen, blieb lange nur der Blick aus dem Fenster, in die Tourenbücher-Sammlung oder eben in das Fotoalbum. Doch auch letzteres kann wunderschön sein und die ein oder andere prägende Kindheitserinnerung aufleben lassen. So kam es dann, dass wir uns in einer der vielen Skype-Konferenzen unseres Redaktionsteams gegenseitig unsere Bergabenteuer aus der Kindheit erzählten. In diesem Blog laden wir euch dazu ein, gemeinsam mit uns in Erinnerungen aus der Kindheit in den Tiroler Bergen zu schwelgen. Was waren eure Orte und Berge der Kindheit? Das sind unsere:
In wilder Lederhose am Wildseeloder | Jannis Braun
Ich kann euch nicht mehr verlässlich sagen, was sich damals vor etwa 25 Jahren am Wildseeloder besser anfühlte. Naheliegend wäre das Gefühl, den ersten Gipfel auf eigenen Füßen bestiegen zu haben. Und der war mit 2119 Metern für mich damals gar nicht greifbare 2064,6 Meter höher als der höchste – nun, ja – Berg in der Umgebung meiner Heimatstadt Bremen. Aber ich glaube, es war doch die innere Gewissheit, dass ich meine heißgeliebte Lederhose endlich mal in der für sie bestimmten Umgebung zur Schau stellte. Sie war damals mein allerliebstes Kleidungsstück, machte jede durchlöcherte Jeans obsolet und genoss ein breites Einsatzgebiet. Sie begleitete mich auf dem Schulhof mitten im Bremer Stadtzentrum, wo ich auf dem gepflasterten Fußballplatz meinen Mann stand. Beim „Helfen“ bei Gartenarbeiten in unserer Parzelle. Oder auf Hochzeiten in der Verwandschaft. Am liebsten hätte ich sie damals auch noch als Pyjama zweckentfremdet… Doch wie ich da in der Juli-Sonne des Sommers 1996 auf dem scharfkantigen Felsen neben dem Gipfelkreuz des Wildseeloders posierte. Den Dohlen bei ihren waghalsigen Flugmänovern zuschaute („Maaamaaa, wieso können die Raben bei uns zuhause in der Stadt nicht so gut fliegen?"). Meinen Lieblingsberg des Urlaubs, den Wilden Kaiser, unter den hundert Gipfeln in meinem Blickfeld suchte. Und mich dann auch noch ein echter einheimischer Bergsteiger auf meine schöne Lederhose ansprach. Die Lederhose fühlte sich in diesem Moment einfach nur verdammt richtig an und ich erlebte den Confidence Boost meines noch jungen Lebens.
Aber es soll hier ja eigentlich um Berge und nicht um die gefundene Bestimmung einer Lederhose gehen. Auch kann ich euch nicht mehr verlässlich sagen, was mich auf dieser Bergtour am meisten fasziniert hat. Ich weiß noch, wie ich es kaum glauben konnte, kurz unter dem Gipfel Schnee zu finden. Mitten im Sommer. Bei 35 Grad. Bei uns zuhause war ja Schnee mitten im Winter schon eine Sensation. Aber nachdem ich dann im Gesicht meiner Schwester den ersten Volltreffer versenkte, war mir diese meteorologische Unlogik auch schon wieder völlig wurscht. Oder es waren die merkwürdigen Kühe auf der Wildalm ("Paaaaapaaaaa, ich glaube nicht, dass das Kühe sind, Kühe sind immer schwarz-weiß gefleckt!"). Auch der Einheimische am Gipfel, der mir nicht nur meinen Wilden Kaiser, sondern ungefragt jeden Berg erklärte, schindete großen Eindruck auf mich ("Maaaamaaaa, das will ich auch mal können!"). Ganz oben auf der Faszinationsliste standen auch die Murmeltiere, die mit ihren Pfiffen den ganzen Kessel des Wildsees beschallten ("Paaaapaaaaa, was sind das für Vögel?"). Der Wildsee, der als einer der schönsten Bergseen Tirols bekannt ist, und an dessen Ufer damals ein Tretboot lag, war es jedenfalls nicht. Ich konnte mir wegen seiner, im Vergleich zur Nordsee, mickrigen Ausmaße nur ein mildes Lächeln abringen ("Paaaaapaaaaa, wieso fahren die hier mit Booten auf einem Teich herum, haben die hier kein Meer?"). Das Lächeln war dann wiederum riesengroß, als mir auf der Terrasse des Wildseeloderhauses ein fantastisch duftender Kaiserschmarren serviert wurde ("Maaaaamaaaaa, kannst du zuhause auch mal so einen Pfannkuchen kochen?") …
Auf den Wildseeloder
Wo? Kitzbüheler Alpen, Fieberbrunn
Wie lange? 7 Stunden gesamt ab Fieberbrunn, 4 Std gesamt mit Seilbahnnutzung
Wie hoch? 1.400 Hm im Auf- und Abstieg ab Fieberbrunn, 600 HM ab Bergstation
Wie schwer? Mittelschwieriger Bergweg
Wo starte ich? Talstation oder Bergstation der Lärchfilzkogelbahn bei Fieberbrunn
Wo kann ich am Weg einkehren? Wildalm, Wildseeloderhaus
Rendezvous mit Schafen | Christian Wührer
Als ich gemeinsam mit meinen Eltern und meiner Schwester zu einer Bergtour im hinteren Stubaital aufbrach, war ich bereits 11 Jahre alt. Es war also nicht mein erstes Bergerlebnis, aber ein besonders einprägsames, da wir am Gipfel von einer Herde Schafe begrüßt wurden. Bergsteigen hatte in meiner Familie immer schon einen großen Stellenwert. Die Begeisterung für die Berge und die Natur übertrug sich wie selbstverständlich auch auf mich. Wir waren von Kindesbeinen an gewohnt, ausdauernd am Berg unterwegs zu sein. Das Ziel der Bergtour im Herbst 1983 – der 2.902 m hohe Große Trögler – war durchaus herausfordernd für Kinder (meine Schwester war erst 8 Jahre alt). Nicht nur von der Wegstrecke und den Höhenmetern, sondern auch von der Schwierigkeit her. Wir starteten die Tour nahe der Grawa Alm auf 1.590 m und stiegen mit Blick auf den herrlichen Grawa Wasserfall (heute führt dort der WildeWasserWeg) zur Sulzenaualm und weiter zur Sulzenauhütte auf. Der Anblick der umgebenden Gletscherwelt war damals noch um ein Stück imposanter als heute, da die Gletscher noch weiter in die Täler herunterreichten. Am Gletscherbach, der nahe der Hütte vorbeifloss, machten wir eine ausgiebige Rast, die wir Kinder mit Dammbauen verbrachten.
Den weiteren Weg zum Gipfel empfanden wir Kinder als sehr spannend, da doch die ein oder andere Kraxlerei dabei war. Heute bin ich selbst Vater und kann mir gut vorstellen, dass meine Eltern damals höchst wachsam waren, da Fehltritte in diesem Gelände durchaus nicht angebracht waren. Viele Menschen trafen wir nicht auf der Tour, dafür wurden wir im Gipfelbereich von einer Herde Schafe begrüßt, die gleich auf uns zustürmten, da sie wohl Salz erwarteten. Mein Vater hatte alle Hände voll zu tun, die Tiere von uns Kindern zurück zu halten. Wie man aber am Foto gut erkennen kann, hat sich die Situation rasch entspannt und das ein oder andere Schaf wurde umarmt. Das Gipfel-Panorama auf die umliegende Bergwelt war atemberaubend. Der Große Trögler ist ein herrlicher Aussichtsberg. Wilder Pfaff, Zuckerhütl und Ruderhofspitze scheinen zum Greifen nah. Aus heutiger Sicht sind die damals entstandenen Gipfelfotos spannende Dokumente der Gletscherstände der 1980er Jahre. Am Foto ist gut der Gletscher der Ruderhofspitze zu sehen. Heute ist der Gletscher dort fast gänzlich verschwunden.
Da meine Eltern am liebsten Rundtouren planten, führte uns der Abstieg über die Westseite hinunter zu Dresdner Hütte, die damals bereits am Rande des Stubaier Gletscherskigebiets stand, welches 1973 in Betrieb ging. Den Rückweg über Mutterberg zum Auto hab ich nicht mehr so richtig in Erinnerung. Wahrscheinlich aus gutem Grund. Es muss ein ordentlicher Hatscher für uns Kinder gewesen sein. Laut meiner Mutter haben wir aber auch das letzte Teilstück ohne Murren absolviert. Oder mit der Zeit verblassen die Erinnerungen an die Anstrengungen und es bleiben die Highlights im Gedächtnis. Auch recht.
Auf den Großen Trögler
Wo? Stubaier Alpen, Talschluss
Wie lange? 8 Stunden ohne Seilbahn-Unterstützung
Wie hoch? 1300 HM im Auf- und Abstieg
Wie schwer? schwierige Bergwege
Wo starte ich? Parkplatz an der Grawa-Alm, Talstation oder Mittelstation der Stubaier Gletscherbahnen
Wo kann ich am Weg einkehren? Grawa-Alm, Sulzenaualm, Sulzenauhütte, Dresdner Hütte
Gut Getarnt auf den Lorea Kopf | Holger Gassler
Das Wandern ist des Müllers Lust ist seit jeher der Leitspruch meiner Eltern. Meine Mutter, aufgewachsen und immer noch stark verwurzelt in Nassereith ist eine wahre Bergfex. Am Wochenende bzw. in den Sommerferien wurde früher, bis auf den alljährlichen Urlaub an den österreichischen Seen, die umliegende Bergwelt erkundet. Da gehörte auch die Wanderung zur Lorea Hütte (Selbstversorgerhütte) – mit Übernachtung – und zum Lorea Kopf, der Spitze über der Hütte, dazu. Schließlich ist dies einer der beeindruckendsten Berge rund um Nassereith.
Der Name Lorea leitet sich vom rätoromanischen „Luraria“ ab und bedeutet ‚Trichter‘. Das beschreibt den Berg in den Lechtaler Alpen zwar sehr gut, interessierte uns Kinder dazumal allerdings kaum. Unser Interesse galt vielmehr den vielen Steinscharten, Felsvorsprüngen und von Schafen auf Sommerfrische übervölkerten Almwiesen, die das Gelände am Loreakopf zu einem perfekten natürlichen Tarnboden machten. In den 80er-Jahren war Rambo der absolute Lieblingsfilm unserer Generation. Mit ausgemusterter US Army Kleidung, die uns ein bekannter Dorfbewohner borgte, der in der damaligen US Kaserne in Garmisch beschäftigt war, eroberten wir die Gipfel in der Umgebung von Nassereith. Und verteidigten zum Verblüffen der ansässigen Schafe die Tiroler Bergwelt.
Die Kleidung war für Erwachsene und etwas kräftig gewachsenere Männer ausgelegt, aber das störte uns nicht. Bergwege und Felsvorsprünge wurden in Übergröße bestiegen. Als Waffe und Hilfsmittel dienten lange hölzerne Wanderstöcke mit denen wir als Erste den Gipfel erklommen haben. Und eine Weile warten mussten, bis unsere Eltern mit dem belohnenden Proviant dazu stießen. Ein Schokoladensemmel (man nehme eine Semmel und schneidet sie in zwei Hälften, legt eine halbe kleine Tafel Milka Schokolade dazwischen) oder ein Schokoladenstreuselbrot (man nehme eine halbe Semmel und bedeckt diese mit Butter. Zuvor hat man seine sehr guten holländischen Freunde gebeten, dass sie „Hagelslag“ mitnehmen und verteilt diese dick und gleichmäßig auf dem Butter) – diese beiden Variationen waren unsere Lieblingsmahlzeit!
Wanderung auf den Loreakopf
Wo? Lechtaler Alpen, Fernstein bei Nassereith
Wie lange? 7 Stunden gesamt
Wie hoch? 1500 Hm im Auf- und Abstieg
Wie schwer? Mittelschwieriger Bergweg
Wo starte ich? Dorfzentrum Nassereith oder Camping Schlosshotel Fernsteinsee
Wo kann ich am Weg einkehren? Während der Tour keine Einkehrmöglichkeit, Hotel Schloss Fernsteinsee nach der Tour
Der Beginn einer Bergfex-Karriere | Martina Nairz
Zugegeben: Ich war ja nicht immer ein leidenschaftlicher Bergfex. Da hieß es früher schon mal: „Mama, wie weit noch?“ oder „Mama, meine Füße tun weh!“
Heute erinnere ich mich an die Bergerlebnisse mit meiner Familie aber natürlich sehr gerne zurück. Ganz besonders und bleibend beeindruckt hat mich zum Beispiel die erste Wanderung mit meiner Mama und meinen beiden Geschwistern entlang des Südwandsteigs oberhalb von Leutasch. Das müsste 1999 gewesen sein. Etwa 30 Gehminuten oberhalb der Wettersteinhütte erreicht man dort nämlich ein wahrlich atemberaubendes Gelände – für wissbegierige Kinderaugen wohl nochmal eine Spur beeindruckender.
Hat man es also bis dorthin erst mal geschafft, geht es entlang der mächtigen Felswände des Wetterstein-Hauptkammes recht gemütlich und kurzweilig auf stets ähnlicher Höhe (ca. 2.000 m Seehöhe) Richtung Westen. Unser Ziel war damals das Steinerne Hüttl mit dem urigen Hüttenwirt Franz. Man könnte aber auch schon auf etwa halbem Weg bei der Rotmoosalm wieder absteigen, wenn man die Wanderung abkürzen möchte. Abkürzen war für uns aber keine Option, zu schön die Tour: Unterwegs wechselte mein neugieriger Blick stets vom Wettersteingebirge zu meiner Rechten hin zum Gipfelkreuz vom Predigtstuhl zu meiner Linken. Den Gipfel ließen wir an jenem Tag noch links liegen, aber insgeheim wusste ich vielleicht damals schon, dass der Predigtstuhl später einmal zu einem meiner Lieblingsberge werden würde.
Der Südwandsteig
Wo? Wettersteingebirge, Leutasch bei Seefeld
Wie lange? 7 Stunden
Wie hoch? 1.300 Höhenmeter im Auf- und Abstieg, höchster Punkt: 2.132 m
Wie schwer? Mittelschwieriger Bergweg
Wo starte ich? Parkplatz Salzbach am Eingang ins Gaistal, Leutasch
Wo kann ich am Weg einkehren? Rotmoosalm, Gaistalalm, Wangalm, Wettersteinhütte, Steinernes Hütt’l, Tillfussalm
Knödelqual im Kaisertal | Eckard Speckbacher
Die Wanderungen in der Kindheit sind im Blick zurück unverrückbar schön. Teilweise vielleicht wegen der Sentimentalität und auch der Vertrautheit. Für mich ist es das Kaisertal bei Kufstein, das wir immer wieder besuchten. Neben den schweren Bergschuhen war es vor allem mein älterer Bruder, der mir einredete, beim Pfandlhof, unserem Ziel, gebe es nur Speckknödel als einziges Gericht zur Stärkung. Eine schlimmere kulinarische Bestrafung war zu dieser Zeit für mich nicht vorstellbar. An diese kleine kindliche Quälerei erinnern wir uns bis heute immer wieder mal und das Kaisertal besuche ich seit Kindertagen regelmäßig ebenso den Pfandlhof. Auch Speckknödel mag ich inzwischen sehr gerne.
Sonnseitwanderung im Kaisertal
Wo? Kaisergebirge, Kufstein
Wie lange? variable, Gesamtrunde 7 Std., zum Pfandlhof 50 min. ab Ausgangspunkt
Wie hoch? 320 Hm im Auf- und Abstieg bis zum Pfandlhof (793 m), Gesamtrunde 1.120 HM, höchster Punkt: Vorderkaiserfeldenhütte (1.388 m)
Wie schwer? leichter Weg bis zum Pfandlhof, gesamte Runde leicht bis mittelschwierig
Wo starte ich? Parkplatz am Kaisertal-Aufstieg, Kufstein
Wo kann ich am Weg einkehren? Pfandlhof, Ritzaualm, Vorderkaiserfeldenhütte, Bergkhof, Hinterkaiserhof
Bolognese auf dem Pfitscherjoch | Andrea Hochmuth
Ab in die Wanderschuhe und los geht’s! Ok, ganz so motiviert war mein 5-Jähriges Ich dann doch nicht. Trotzdem erwanderte ich mit meinen Eltern und meinen beiden Brüdern so manche Hütte in den Zillertaler Bergen. Die Wanderung aufs Pfitscherjoch-Haus ist mir dabei besonders in Erinnerung geblieben. Die Hütte liegt malerisch gelegen umringt von den höchsten Gipfeln der Zillertaler Alpen an der Grenze zwischen Österreich und Italien. Gestartet wird am Schlegeis-Stausee, welcher mit dem Auto oder Bus in ca. 30 Minuten von Mayrhofen aus erreichbar ist. Der Wanderweg führt entlang des Zamserbachs. In moderater Steigung gewinnt man allmählich an Höhe. Optimal also für kleine und große Wanderer. Auf 2.249 Metern Seehöhe wird schließlich das Pfitscher Joch erreicht. Und weil man da ja schon in Italien ist, gab’s natürlich eine große Portion Spaghetti Bolognese als Belohnung. Mein 30-Jähriges Ich freut sich darüber heute mindestens genauso wie beim ersten Besuch auf der Hütte, nur gibt’s jetzt meistens auch ein Gläschen Rotwein mit dazu. ? Übrigens: Das Pfitscherjoch-Haus ist Ausgangspunkt für die aussichtsreiche alpine Wanderungen zur Rotbachlspitz und Station auf der wunderschönen Peter-Habeler Runde.
Wanderung zum Pfitscherjoch Haus
Wo? Zillertaler Alpen, Schlegeisstaussee bei Ginzling Mayrhofen
Wie lange? 4 Stunden
Wie hoch? 570 Hm im Auf- und Abstieg, höchster Punkt: Pfitscher Joch Haus (2.275 m.)
Wie schwer? Mittelschwieriger Bergweg
Wo starte ich? Parkplatz oder Haltestelle am Schlegeisspeicher
Wo kann ich am Weg einkehren? Lavitzalm, Pfitscher Joch Haus
G’schnäuzt und ‚kampelt in den Alpenzoo | Klaus Brunner
Die Erstkommunion war und ist eine große Sache im „Heiligen Land Tirol“. Auf die kirchliche Zeremonie folgt das obligatorische Schnitzel im Gasthaus. Danach der inoffizielle Höhepunkt: Ein Ausflug im Kreis der Familie. G’schnäuzt und kampelt versteht sich, also fein herausgeputzt. 1986 erhielt meine Schwester ihre Erstkommunion und so durfte ich als Dreijähriger meine Knickerbocker in der Landeshauptstadt ausführen. Unser Ziel: Der Alpenzoo in Innsbruck. Wolf, Braunbär oder Steinbock sind nur einige von mehr als 100 Tierarten der Alpen, die dort für staunende Kinderaugen sorgen. Mein persönlicher Favorit war der Luchs, den ich mir als den wilden Cousin meiner Katze vorstellte. Schon damals war der Alpenzoo ein Vorreiter in Sachen artgerechter Haltung, was auch bedeutet, dass sich ein Tier mal so gut versteckt, dass man es nicht zu Gesicht bekommt. Kinder lernen dort hautnah die Tierwelt der Berge kennen, ohne gleich ins hochalpine Gelände zu müssen. Und das seit beinahe 60 Jahren.
In den Alpenzoo
Wo? Innsbruck, erreichbar mit der Hungerburgbahn und der Buslinie W
Wann? 9.00 - 18.00 Uhr (April-Oktober), 9.00 - 17.00 Uhr (November - März)
Weitere Informationen zum Alpenzoo
Immer Opa und den Schweinen folgen | Laura Stojar
„Isch des nit bärig und schian bei ins in Tirol“, höre ich meinen Opa heute noch sagen und sehe ihn vor mir. Wie seine Augen dabei leuchteten. Die Begeisterung, die in seinem Herzen für die Tiroler Berge brannte, hat er mir als kleines Kind schon mitgegeben.
Einer seiner Lieblingsgebiete waren die Kalkkögel in den Stubaier Alpen, südwestlich von Innsbruck. Diese Kalkstein-Erhebungen erreicht man entweder über die Schlick im Stubaital, die Axamer Lizum oder über Grinzens bzw. die Kemater Alm. Das Foto entstand bei einer meiner ersten Wanderungen in den Kalkkögeln mit meiner Mama und meinem Opa. Ich war gerade einmal drei Jahre alt, als man mich schon auf die Adolf-Pichler-Hütte „trieb“. Die etwa einstündige Wanderung startet bei der Kemater Alm. Motiviert wurde ich durch die Begleitung des Hausschweins der Kemater Alm, das nicht von meiner Seite wich, oder doch ich nicht von seiner? Dank meines treuen Weggefährten kam ich locker und begeistert bei der schön gelegenen Adolf-Pichler-Hütte an.
Während meine Mutter und ich die wunderbare Natur und die guten Kasspatzeln genossen, startete Opa meistens nochmals durch. Er berichtete immer wieder mit Begeisterung vom Klettersteig und von der großartigen Rundumsicht, wenn man beim Gipfelkreuz der großen Ochsenwand auf 2.700 Metern steht. Es gibt noch einige andere faszinierende Touren und Klettersteige, die man im Gebiet der “Nordtiroler Dolomiten“, wie sie auch noch genannt werden, machen kann. Dazu zählen unter anderem die schöne Wanderung zum Salfeins See sowie die etwas anspruchsvollere Tour zum Ampferstein und der Marchreisenspitze. Diese schönen Kindheitserinnerungen haben sich sehr eingeprägt und es zieht mich bis heute auf unsere faszinierenden Berge.
Wanderung zur Adolf-Pichler-Hütte
Wo? Stubaier Alpen, Grinzens bei Innsbruck
Wie lange? 1,5 Std. bei Start an der Kemater Alm, 7 Std. bei Start in Grinzens
Wie hoch? 300 Hm im Auf- und Abstieg ab Kemater Alm, 1000 HM ab Grinzens
Wie schwer? Leichter Bergweg
Wo starte ich? Kemater Alm (über Mautstraße erreichbar), Grinzens
Wo kann ich am Weg einkehren? Kemater Alm, Adolf-Pichler-Hütte
Gipfelsieg im Abstieg | Florian Neuner
Ich kann mich zwar nicht mehr wirklich erinnern, aber Erzählungen meiner Eltern und ein Foto belegen es: Eine meiner ersten Bergtouren führte mich als Fünfjähriger im Sommer 1980 auf die Zugspitze. Mein Vater war in Ehrwald aufgewachsen, ehe es ihn später nach Zirl (meinen Heimatort) verschlagen hatte. Daher war es quasi ein Initiationsritus, Papas ehemaligen Hausberg zu besteigen. Wobei, besteigen trifft es nicht ganz. Meine Eltern wussten schon damals die Segnungen der heimischen Seilbahnen zu schätzen und so ging es per Gondel in die Höhe. Wir eroberten die Zugspitze von oben nach unten. Aber ich darf gemäß den Ausführungen meiner Eltern mit Stolz verkünden, dass auch der Abstieg von der Zugspitze eine Leistung ist. Gute fünf Stunden kämpfte ich mich vom Gipfel via Gatterl satte 1.400 Höhenmeter auf die Ehrwalder Alm. Als Lohn gab es auf der Hütte Würstel und Limonade. Von dort nahmen wir die Gondelbahn ins Tal. Als Fünfjähriger muss man es ja nicht übertreiben.
Die Zugspitze im Abstieg
Wo? Wettersteingebirge, Ehrwald
Wie lange? 5 Stunden im Abstieg bis zur Ehrwalder Bahn
Wie hoch? 1500 Hm im Abstieg, höchster Punkt: Zugspitze (2962m.)
Wie schwer? schwieriger Bergweg
Wo starte ich? Bergstation der Tiroler Zugspitzbahn am Gipfel der Zugspitze
Wo kann ich am Weg einkehren? Bergrestaurant Zugspitze, Knorrhütte, Ehrwalderalm
Als Familien-Seilschaft über den Gletscher | Christian Klingler
Mein erster Gipfel? Die Frage scheint mir eine philosophische Betrachtung zu sein, weil: definiere Gipfel! Seit ich denken kann, bin ich mitgegangen. Und meine Familie war immer unterwegs. Und Sonntagsausflüge, die für andere Familien schon ein Gipfelerlebnis waren, waren bei uns Kinder nichts Besonderes. Ich tue mich also ziemlich schwer nachzuvollziehen, welcher als mein erster Gipfelsieg gelten kann – vermutlich wäre das mein Hausberg Venet.
In meiner Erinnerung habe ich meinen ersten richtigen Gipfel mit 8 Jahren gemacht. Wir haben unseren Familienurlaub auf einer Hütte auf der Verpeilalm im Kaunertal verbracht. Dort gibt es Familienziele wie die Verpeilhütte oder hochalpine Touren wie die Überschreitung des Kaunergrats oder Gipfelziele wie Watzespitze, Verpeilspitze oder Rofelewand. Auf dem Weg zu allen diesen Gipfeln muss man Gletscher überschreiten. Ans Gehen mit Steigeisen am Seil hat uns unser Vater behutsam herangeführt. Immer wieder haben wir kleinere Überschreitungen am Eis gemacht.
Und als Familienseilschaft haben wir dann den Schweikertferner überquert, der zum Einstieg der Gipfelrinne der Rofelewand führt. Zu zweit, also mein Vater und ich, haben wir dann an einem schönen Julitag die letzten Höhenmeter hinauf zum Gipfel der Rofelewand gemacht. Der erste „richtige“ Gipfel meiner Kindheit. Die Aussicht dort oben ist phänomenal: viele berühmte Berge sind zum Greifen nah: Wildspitze, Weißkugel, Ortler, Piz Buin, Parseierspitze, man sieht bis zur Zugspitze und zum Glockner.
Am Schweikertferner kann man (leider) die Auswirkungen des Klimawandels hautnah miterleben: obwohl 2019 ein sehr schneereiches Jahr war, hat er sich um 86 m zurückgezogen. In meiner Kindheit ist er noch bis hinunter zum Gletschersee gegangen. Der Zustieg zur Gipfelrinne ist mittlerweile eisfrei möglich.
Die Rofelewand
!Achtung, die weglose Klettertour auf die Rofelewand bleibt erfahrenen Alpinisten vorbehalten!
Als Alternative bietet sich eine Wanderung auf die Verpeilhütte an.
Wo? Ötztaler Alpen, Kaunergrat, Feichten (Kaunertal)
Wie lange? 3 Stunden ab Feichten, 45 Min ab Verpeilalm
Wie hoch? 700 Hm im Auf- und Abstieg ab Feichten, 22o HM ab Verpeilalm
Wie schwer? leichter bis mittelschwieriger Bergweg
Wo starte ich? Feichten oder Verpeilalm
Wo kann ich am Weg einkehren? Verpeilhütte
Was ein Blick in das Fotoalbum doch für schöne Erinnerungen weckt. Eigentlich müsste ich mal wieder auf den Wildseeloder, denke ich, als ich das Fotoalbum geschlossen habe. Die Erinnerung von damals auffrischen. Schauen ob alles noch so aussieht. Den Gästen die Berge in der Umgebung erklären und einen Kaiserschmarren im Wildseeloderhaus essen. Und mir nach vier Jahren in Tirol endlich mal eine gscheite Tiroler Lederhose zulegen. Sicher wird Klaus in diesem Jahr seinem Sohn den Alpenzoo zeigen und Eckard wieder einmal die vorzüglichen Speckknödel im Pfandlhof genießen. Ob Holger dieses Jahr im Rambo-Kostüm den Loreakopf unsicher macht, wage ich dann doch zu bezweifeln.