Blog
Kategorien
Kaspressknödel, © Tirol Werbung / Rodler Ilvy
Essen & Trinken
Sepp Kahn, Almliterat, © Bert Heinzelmeier
Menschen
Imster Schemenlaufen, © Tirol Werbung / Aichner Bernhard
Kulturleben
Swarovski Kristallwelten, © Tirol Werbung / Moore Casey
Empfehlungen
Kinder am Fluss, © Tirol Werbung / Herbig Hans
Familie
Olperer Hütte, © Tirol Werbung / Schwarz Jens
Unterhaltung
Great Trail , © Tirol Werbung / Neusser Peter
Sport
Magazincover auf Rot
Magazin
Jagdhausalmen im Osttiroler Defereggental. Foto: Tirol Werbung.
Serien
Michael

Eine von 757 Tausend: Wie Sara von Schweden nach Tirol kam

Aktualisiert am 12.07.2018 in Menschen

Portrait_Sara_(c) Carlos Blanchard_S34B5610

Eigentlich wollte sie nur mal kurz weg aus Schweden. Erst nach Hawaii, dann in die Berge. Seit einigen Jahren wohnt die sportbegeisterte Schwedin Sara nun schon in Tirol, mittlerweile am Achensee. Sie ist glücklich. Vor allem, weil hier die Uhren anders laufen als in Schweden. Ein Porträt.

Sara tischt zur Begrüßung selbst gemachte Kanelbullar auf, die schwedische Version von Zimtschnecken. In ihrem neuen Zuhause am Achensee versetzt mich auch das Interieur nach Skandinavien. Die Schwedin hat es eindeutig in Anlehnung an ihre alte Heimat gewählt. Sogar das Gartenhäuschen zeigt (schwedische) Flagge. „Beim Begriff Heimat denke ich schon eher an Schweden“, sagt sie, „aber bei Zuhause denke ich eher an Tirol. Das ist einfach da, wo ich jetzt wohne und lebe.“ Seit Ende 2015 wohnt Sara mit ihrem österreichischen Lebensgefährten am Achensee, davor waren die beiden in Innsbruck zuhause, wo sie sich vor ein paar Jahren kennen gelernt hatten.

Eigentlich wollte Sara nur für ein Jahr nach Innsbruck kommen, um Deutsch zu studieren, gemeinsam mit 15 anderen Schwedinnen und Schweden. Geworden sind es inzwischen neun Jahre. „Ich habe am Anfang alles hier geliebt und fand alles einfach super“, sagt sie. Als die anderen zurück nach Schweden gingen, blieb Sara in Tirol und begann hier mit dem Studium der Politikwissenschaften. Die Sprache war für sie anfangs die größte Herausforderung. Außerdem war die zurückhaltende Schwedin von der manchmal recht forschen Tiroler Art überrascht, zum Beispiel bei Behördengängen. Absolutes Neuland war für Sara auch die recht strenge Hierachie an der Uni und dass sich viele Menschen hier mit ihren akademischen Titeln wie Magister oder Doktor ansprechen. Das Studium hat sie inzwischen abgeschlossen, jetzt arbeitet sie beim Integrationszentrum Tirol.

„Die Leute hier sind einfach weltoffen“

In der Freizeit seien die Menschen hier umso zugänglicher, erzählt mir Sara: „Wenn du beispielsweise irgendwo am Berg unterwegs bist, sprechen die Leute gleich mit dir, sind interessiert, fröhlich, machen Schmähs und sind einfach weltoffen. Das kenne ich von Schweden nicht so, dort ist schon mehr Distanz da.“ Beim Studium der Politikwissenschaft an der Uni sei es ihr beinahe peinlich gewesen, dass Schweden immer wieder als Vorbild genannt wurde, egal ob es um das Bildungssystem, die Gleichstellung von Mann und Frau oder um die Kinderbetreuung ging.

Portrait_Sara_(c) Carlos Blanchard_S34B5573

Schwedische Gastfreundlichkeit: Bei Sara gibt’s Kanelbullar zur Begrüßung.Schwedische Gastfreundlichkeit: Bei Sara gibt’s Kanelbullar zur Begrüßung.

„Mein Freund versteht die Unterschiede zwischen Schweden und Österreich.“„Mein Freund versteht die Unterschiede zwischen Schweden und Österreich.“

Sogar das Häuschen im Garten zeigt Flagge.Sogar das Häuschen im Garten zeigt Flagge.

Während ihres Studiums arbeitete Sara nebenbei in der Innsbrucker Filiale einer schwedischen Sportbekleidungsfirma. Schließlich kam ein Kunde zur Tür herein, dessen Kopf ein Stirnband mit der Aufschrift „Ski Team Sweden“ zierte. Sara hielt ihn erst zunächst tatsächlich für einen Schweden. Im Gespräch stellte sich dann zwar heraus, dass er Österreicher ist, aber auch ein begeisterter Hobby-Langläufer und Schweden-Fan. Heute sind Sara und er ein Paar: „Durch ihn fällt es mir sicher leichter, im Ausland zu wohnen. Mit ihm kann ich immer schwedisch sprechen, er versteht auch die Unterschiede zwischen Schweden und Österreich.“

Mit ihrem Freund teilt Sara auch die Natur- und Sportbegeisterung. Beide reisen gern, wollen immer wieder neue Plätze kennen lernen. Einmal wanderten sie eine Woche lang bei strömendem Regen durch die norwegische Wildnis. Ein anderes Mal paddelten und wanderten die beiden in Nordschweden mit einem Faltboot mehrere Tage einen Fluss entlang. Mit dieser Naturverbundenheit hat auch mein heutiger Besuch bei Sara zu tun. Sie geht zur Garage und zeigt mir ein Kajak. Damit dreht sie abends oder an Wochenenden gern eine Runde am Achensee. Ihr Freund hat eigens dafür eine Fahrrad-Anhängevorrichtung gebastelt.

Portrait_Sara_(c) Carlos Blanchard_S34B5812

Portrait_Sara_(c) Carlos Blanchard_S34B5825

„Jetzt lebe ich so wie ich will“

Was das Lebensgefühl eigentlich in Österreich von jenem in Schweden unterscheide, frage ich Sara. „In Schweden ist immer ein Druck da, neuen Trends zu folgen. Du musst deine Tapeten wechseln, deine Vorhänge wechseln, du musst die neueste Mode haben – viel in deinem Leben kreist ständig um diese Trends.“ Jedes Mal, wenn Sara ihre Familie in Schweden besucht, begegnet sie wieder diesem starken Trendbewusstsein ihrer Landsleute. „Das kann sein, dass jetzt alle Bier brauen. Oder jetzt sollen alle Gemüse einlegen. Ich möchte einfach nur leben und nicht so viel an all diese Sachen denken.“ Stockholm ist ihrer Meinung nach die hektischste Großstadt Europas. Diesen Druck, ständig neuen Trends zu folgen, verspürt Sara in Tirol nicht. „Jetzt lebe ich so, wie ich will und orientiere mich nicht mehr so an Trends, weil das interessiert hier die wenigsten.“

Mit gekonnten Griffen befestigt Sara das Kajak am Fahrrad und fährt los. Ich borge mir das Mountainbike von ihrem Freund und radle hinterher. Sara erzählt mir nebenbei von Hawaii, wo sie mal ein Jahr als freiwillige Küchenhilfe auf einem Campus verbrachte. „Ich wollte einfach verschiedene Kulturen und andere Plätze kennen lernen.“ Dennoch kehrte sie Hawaii nach der Zeit als Freiwilligenarbeiterin wieder den Rücken. „Es war schön, aber kein Ort, an dem ich länger bleiben wollte. Das Meer ist wohl doch nicht so meine Sache.“ Sie fährt eine weite Kurve und behält dabei das hinterherrollende Kajak aus den Augenwinkeln im Blick.

Portrait_Sara_(c) Carlos Blanchard_S34B5840

Portrait_Sara_(c) Carlos Blanchard_S34B5918

Sara nutzt ihr Fahrrad als Transportmittel fürs Kajak.Sara nutzt ihr Fahrrad als Transportmittel fürs Kajak.

In Tirol finden Sara und ihr Freund das Abenteuer direkt vor der Haustür: „Jetzt bleiben wir doch wirklich viel hier. Im Winter zum Skifahren, zum Langlaufen und im Sommer gehen wir Paddeln – am See und auch im Wildwasser.“ Mit Wandern und Mountainbiken hat Sara erst hier begonnen. „Je mehr ich draußen in der Natur bin, desto süchtiger werde ich danach.“ Der Sport und die Natur helfen ihr, von der Arbeit abzuschalten. Sie pendelt dafür täglich mit der Bahn zwischen Jenbach und Innsbruck, der schnellste Zug benötigt nur 17 Minuten für diese Strecke.

„Der heißt ja auch Fjord der Alpen, oder?“

Wir rollen auf unseren Fahrrädern leicht bergab, der Achensee breitet sich vor uns aus. Bei diesem Anblick kann ich verstehen, warum Sara unbedingt hierher ziehen wollte. „Seitdem ich am Achensee wohne, fühle ich mich hier noch mehr zuhause. Der heißt ja auch Fjord der Alpen, oder?“ In Schweden wäre sie nie aufs Land gezogen, weil dort einfach alles sehr weit weg ist – die Schulen, Lebensmittelgeschäfte, Banken, Gasthäuser. In Tirol sei das alles in der Nähe, auch wenn man am Land wohne.

Portrait_Sara_(c) Carlos Blanchard_S34B5940

„Ein bisschen Wikinger“

Sara stellt das Rad ab, klinkt das Boot aus und lässt es ins Wasser gleiten. Sie ist ganz in ihrem Element. Wie zur Bestätigung sagt sie zu mir: „Wenn alles ruhig ist, sich die Berge im Wasser spiegeln, dann muss ich einfach mit einem Lächeln paddeln. Es beruhigt einfach extrem.“ Extrem sind auch Saras Badegewohnheiten, die sie von Schweden nach Tirol importiert hat. Das Eisbaden fehle ihr hier: „Dass man einfach ein Loch im Eis macht und dort badet.“ Der Achensee ist zwar wegen seiner Lage auf rund 1.000 Metern Höhe eher kühl – aber Eisbaden?

Dementsprechend früh beging Sara auch ihren ersten Badetag in diesem Jahr. Nämlich am 2. April, direkt nach einer Skitour bei Achenkirch am anderen Ende des Sees. „Ich muss ja irgendwie zeigen, dass ich noch ein bisschen Wikinger bin“, sagt die Schwedin und lacht. Die Luft sei meistens wärmer als das Wasser, „und dann frierst du eigentlich überhaupt nicht. Das geht dann wie Strom durch den Körper.“ Sara stößt sich mit dem Paddel vom Ufer ab und gleitet in ihrem roten Kajak hinaus auf den See. Dass sie das Leben am Wasser so sehr liebt, liegt nahe. Denn Sara ist in Kristinehamn aufgewachsen, einer Stadt, die beim größten See der Europäischen Union liegt – dem Vänern. Würde er in Tirol liegen, stünde knapp die Hälfte dieses Bundeslandes unter Wasser.

Portrait_Sara_(c) Carlos Blanchard_S34B6166

Portrait_Sara_(c) Carlos Blanchard_S34B6133

„Für mich ist das mit dem See wohl genauso wie mit den Bergen für eine Tirolerin.“„Für mich ist das mit dem See wohl genauso wie mit den Bergen für eine Tirolerin.“

Das Kajak kommt wieder näher, ich erkenne ein breites Lächeln auf Saras Gesicht, als sie anlegt und das rote Gefährt wieder an Land zieht. Sie wollte nie denselben Weg gehen wie alle anderen und ist schließlich hier gelandet. „Früher habe ich – egal wo ich war – immer gedacht, es gibt sicher irgendwo einen anderen Platz, der besser ist. Aber jetzt habe ich nicht das Gefühl, dass ich irgendwo anders hinwill.“

„Ich bleibe, bis ich Jodeln kann“

Manchmal fehlt Sara ihr Geburtsland Schweden doch noch: „Am Anfang habe ich nur Kleinigkeiten vermisst wie Süßigkeiten und den Käse, aber je länger ich da bin, desto mehr vermisse ich die Familie, die schwedische Mentalität, dieses ganz spezielle Licht an langen Sommertagen. In Innsbruck, wenn ich Schweden sehr vermisst habe, bin ich zum IKEA gefahren und habe dort Kötbullar gegessen.“ Und manchmal trat sie dort auch als Sängerin auf, anlässlich des schwedischen Lichterfests zur Wintersonnenwende. Sie absolvierte aber auch schon mal einen zweitägigen Jodelkurs: „Ich habe gesagt, ich muss so lange in Tirol bleiben, bis ich Jodeln kann.“ Bevor wir uns verabschieden, frage ich Sara, ob sie denn schon Jodeln könne. Sie lacht und antwortet: „Ich hab’s versucht. Aber ich bekomme es einfach nicht hin.“

Portrait_Sara_(c) Carlos Blanchard_S34B6140

„Jetzt habe ich nicht das Gefühl, dass ich irgendwo anders hinwill.“„Jetzt habe ich nicht das Gefühl, dass ich irgendwo anders hinwill.“Fotos: Carlos Blanchard NerinFotos: Carlos Blanchard Nerin

Michael Gams ist in seiner Freizeit viel im Land unterwegs: Beim Wandern, Mountainbiken, Freeriden und Skitouren gehen entdeckt er die schönsten Plätze.

Michael
Letzte Artikel von Michael
Abfahrer beim Hahnenkammrennen.
, © Kitzbüheler Skiclub, Jürgen Klecha
Aktualisiert am 06.11.2024 in Sport
Mit 140 Sachen talwärts: 10 Fakten zu den Hahnenkammrennen
5 Min Lesezeit
Skifahren in Ischgl 
Aktualisiert am 16.11.2023 in Empfehlungen
Tipps für einen Tag in Ischgl
4 Min Lesezeit
Biathlon Pillerseetal, © Charly Schwarz
Aktualisiert am 12.10.2023 in Sport
Da legst dich nieder: Biathlon-Training für Anfänger
2 Min Lesezeit
Hängebrücke Highline 179, © Naturparkregion Reutte
Aktualisiert am 13.09.2023 in Empfehlungen
Tirols 21 langweiligste Ausflugsziele
4 Min Lesezeit
(Foto: Robert Eder)
Aktualisiert am 12.09.2023 in Empfehlungen
Frühstücken am Berg
2 Min Lesezeit
Beckna Harakiri schmal
Aktualisiert am 07.08.2023 in Empfehlungen
Tipps für einen Tag in Mayrhofen
6 Min Lesezeit
Die Galzigbahn im Schneegestöber.
Aktualisiert am 31.07.2023 in Empfehlungen
Tipps für einen Tag in St. Anton am Arlberg
8 Min Lesezeit
Typisch für Sölden: Die gelungene Mixtur aus moderner Bergbahn-Architektur und Wintersport inmitten von Dreitausendern.
Aktualisiert am 31.07.2023 in Empfehlungen
Tipps für einen Tag in Sölden
6 Min Lesezeit
Skigebiet Alpbach in Tirol
Aktualisiert am 26.07.2023 in Empfehlungen
Tipps für einen Tag in Alpbach
8 Min Lesezeit
Skitour_Ötztal
Aktualisiert am 30.05.2023 in Sport
10 leichte Skitouren abseits der Pisten
11 Min Lesezeit
Links hinter der schneebedeckten Spitze liegt unser Ziel: Der Gipfel des Großvenedigers.
Aktualisiert am 10.05.2023 in Menschen
Bergführer im Porträt: Sigi Hatzer und der Großvenediger
8 Min Lesezeit
Passionsspielhaus
Aktualisiert am 10.04.2023 in Kulturleben
5 Schauplätze für Filmfreunde
2 Min Lesezeit
Skifahren am Patscherkofel , © Tirol Werbung / Stefan Voitl
Aktualisiert am 30.11.2022 in Sport
Skitechnik-Training: 9 Tipps und Tricks
6 Min Lesezeit
Kufsteinerland, Erl, Hotel Blaue Quelle, Fisch
Aktualisiert am 17.03.2021 in Essen & Trinken
5 Wirtshäuser mit eigener Produktion
3 Min Lesezeit
Skifahren mit Kindern in Tirol
Aktualisiert am 24.02.2021 in Familie
Das ABC fürs Skifahren mit Kindern
4 Min Lesezeit
Ort: Wilder Kaiser, ©Herbig Hans
Aktualisiert am 21.05.2020 in Familie
Sind wir bald daaa? Wie Kinder Spaß am Wandern finden
4 Min Lesezeit
(Foto: Michael Gams)
Aktualisiert am 14.05.2020 in Empfehlungen
Ich bin raus. Im Bergsteigerdorf Vent
3 Min Lesezeit
Singletrail Soelden ©Tirol Werbung Haiden Erwin, bikeboard
Aktualisiert am 01.10.2018 in Sport
Die ultimative To-do-Liste für Mountainbiker
4 Min Lesezeit
Ramolhaus
Aktualisiert am 14.08.2018 in Kulturleben
5 Alpenvereinshütten für Architekturfreunde
3 Min Lesezeit
Links hinter der schneebedeckten Spitze liegt unser Ziel: Der Gipfel des Großvenedigers.
Aktualisiert am 19.07.2018 in Menschen
Bergführer im Porträt
4 Min Lesezeit
Figl an den Fuessen
Aktualisiert am 18.07.2018 in Sport
Mit Figln an den Füßen bergab – Ein Selbstversuch
3 Min Lesezeit
Maeusebussard-1500px-1024×683
Aktualisiert am 14.05.2018 in Menschen
In freier Natur. Geschichte eines Wildtierfotografen
5 Min Lesezeit
P1010886 (c) Löser Privat
Aktualisiert am 30.04.2018 in Sport
Robert im Glück – Ein Wintermärchen zum Skifahren lernen
2 Min Lesezeit
Wanderausrüstung
Aktualisiert am 20.11.2017 in Sport
Pack die Wanderhose ein: Packliste für Mehrtagestouren
2 Min Lesezeit
Alle Artikel von Michael
Keine Kommentare verfügbar
Kommentar verfassen

Einfach weiterlesen

nach oben

Der Berg ruft? Unser Newsletter auch!

Im wöchentlichen Newsletter verraten wir Ihnen die besten Urlaubstipps aus Tirol.