Ein Nordlicht auf der Seegrube
Snowboarden und Innsbruck gehören zusammen, fast so wie Pommes und Ketchup. Ihren Ruf als Wiege des Sports in Europa verdankt die Alpenstadt auch ihrem Snowpark. Der Kopf hinter dem „Skylinepark“ ist der Wahltiroler Bjarni Thor Valdimarsson.
Video: Der Chef-Shaper des Innsbrucker Skyline-Parks erzählt von seinem Alltag.
18 Uhr, ein Wintertag in Innsbruck. Während die Berufspendler:innen zum Bahnhof eilen, bewegt sich hoch oben auf der Nordkette ein kleines Licht hin und her. Der Lichtpunkt heißt Bjarni Thor Valdimarsson, der Nacht für Nacht mit seiner Pistenraupe den Snowpark auf der Seegrube „shaped“, also formt. Der Skylinepark liegt auf 1.900 Metern und ist weltweit der einzige Snowpark, der vom Stadtzentrum in nur 20 Minuten per Gondelbahn erreichbar ist.
In nur 20 Minuten geht es vom Stadtzentrum auf die Nordkette.
Der Park ist voll mit Kickern, Rails und Boxen – so heißen die Schanzen und Hindernisse, auf denen Freestyler:innen ihre Tricks vollziehen. Doch Snowparks müssen gut geplant und täglich in Stand gehalten werden. Viele Skigebiete beschäftigen dafür Fachkräfte, die selbst aus der Szene kommen. „Reich wirst du damit nicht und gemütlich ist es auch nicht“, sagt der Isländer, der mit seiner Statur und dem Rauschebart so ziemlich jedem Wikinger-Klischee entspricht.
Bjarni Thor Valdimarsson in seinem 300 PS starken Arbeitsgerät.
Vor 20 Jahren hat Bjarni seine Leidenschaft fürs Snowboarden nach Tirol geführt. Damals war der Sport an seinem Zenit und Innsbruck galt als die Hauptstadt der Szene. Erstklassige Skigebiete liegen vor der Haustür, die Tiroler Gletscher erlauben beinahe ganzjährig Snowboard-Action und selbst die Firma Burton – der größte Player auf dem Markt – hat hier ihre Europa-Zentrale. Nirgendwo war die Dichte an jungen, coolen Menschen in zu weiten Hosen so groß wie im Innsbruck der Nuller-Jahre.
Heute gibt es zwar weniger Snowboarder als früher, die Freestyle-Szene ist aber lebendiger als je zuvor.
„Das Snowboarden ist natürlich weniger geworden, dafür sind aber die Freestyle-Skifahrer:innen dazugekommen. Die Szene ist insgesamt also größer geworden und entwickelt sich gut“, sagt Bjarni, während er sein 300 PS starkes Pistengerät auf den Landehügel einer monströsen Schanze zubewegt. Als Chef-Shaper kümmert er sich hauptberuflich um den Skylinepark, von der Planung über den Aufbau bis hin zum Planieren der Piste.
Dieser Aussicht verdankt der „Skyline-Park“ seinen Namen.
Das Skigebiet auf der Innsbrucker Seegrube gilt als extrem schneesicher. Für Bjarni und sein fünfköpfiges Team ist das Fluch und Segen zugleich. Bei intensivem Schneefall müssen alle Obstacles in der Garage zwischengelagert werden, um zu verhindern, dass alles unter einer dicken Schneeschicht verschwindet. Sobald sich das Wetter bessert, wird der ganze Park neu aufgebaut. „Das passiert bis zu 8 Mal in der Saison“, sagt der Shaper.
Technisches Verständnis ist eine Grundvoraussetzung für Bjarnis Beruf.
Bjarnis Schicht beginnt um 16 Uhr und dauert oft bis spät in die Nacht. In den Beruf ist er hineingerutscht, wie er sagt. Im Zillertal hat Bjarni gelernt, wie man eine Pistenraupe bedient und im Laufe der Jahre hat er sich immer tiefer in die Materie gefuchst. „Am wichtigsten ist die Ausdauer. Man muss viel Schnee schaufeln können. Und eine Veranlagung für maschinelles Arbeiten ist auch gut“, sagt der Wahltiroler.
Den Feinschliff überlässt Bjarni seinen vier Mitarbeitern.
Der sympathische Isländer lebt seit über 20 Jahren in Tirol.
Spaß macht ihm vor allem der kreative Part seines Jobs. Im Laufe eines Winters baut er „seinen“ Park immer wieder um und hört dabei auch auf die Wünsche der Community. „Es ist eine eingeschworene Szene und wir haben sehr viele gute Fahrer hier oben. Es ist natürlich unmöglich, es immer allen recht zu machen. Aber irgendwann passt es dann“, sagt Bjarni Thor Valdimarsson. Er selbst springt nur noch selten über die großen Schanzen. „Das ist ein Sport für junge Menschen“ sagt der 41-jährige und lacht.
Audio: Bjarni Thor Valdimarsson erzählt, wie man Snowpark-Shaper wird.
Aufnahmen: Bert Heinzlmeier