Weihnachtskrippen – Bethlehem für zu Hause
Schafe, Hirten, Könige - und mittendrin das Jesuskind: Für viele Familien gehört die Krippe zu Weihnachten wie Kerzen und Lametta. Tirol ist eines der Zentren der Krippenkunst und so manches Bauwerk überdauert als Erbstück die Generationen. Hier erfahrt ihr, was es mit dem alten Brauch auf sich hat.
Eine der vielen historischen Krippen, die von Familien aus Thaur aufbewahrt werden. © Bernhard Aichner
Bibel ohne Worte
Lange bevor man das Wort „Krippe“ ausschließlich mit der Weihnachtszeit verband, wurden biblische Szenen dreidimensional nachgestellt: das Pfingstwunder oder auch die Auferstehung Christi sollten den lese- oder lateinunkundigen Gläubigen anschaulich gemacht werden. Im 16. Jahrhundert waren weite Teile Tirols protestantisch geprägt und das erklärte Ziel der katholischen Kirche war es, die Menschen wieder zum Katholizismus zu bringen.
Dass sich letztlich nur die Weihnachtkrippe durchgesetzt hat, ist wohl auch der friedlichen Darstellung von Christi Geburt zu verdanken – im Gegensatz etwa zur Fastenkrippe, wo auch Folter und Hinrichtungen gezeigt wurden. In Tirol findet man die ersten Weihnachtskrippen um 1608 in der Innsbrucker Jesuitenkirche und der Franziskanerkirche (der heutigen Hofkirche). Im Laufe der Zeit stellte man weitere Krippen auf, bis schließlich jede Tiroler Pfarrkirche über ihr eigenes Modell verfügte.
Wie ein Wimmelbild: manche Krippen sind besonders detailreich. © Tirol Werbung
Von der Kirche ins Gasthaus
Dass die Krippen in die Wohnhäuser wanderten, hat mit einem Erlass Kaiser Josefs II. aus den 1780er-Jahren zu tun. Der Herrscher fand die Darstellungen „allzu kindlich“ und verbot sie. Dieser kaiserliche Erlass galt zwar nur wenige Jahre, dennoch hatte er große Auswirkungen: Um zumindest noch etwas Profit aus den plötzlich unerlaubten Kunstwerken schlagen zu können, entschieden sich nämlich viele Gotteshäuser dazu, die Krippen zu veräußern.
Die Kundschaft kam meist aus dem wohlhabenden Bürgertum, darunter Wirtsleute, die über genug finanzielle Mittel und ausreichend Platz verfügten, um die stattlichen Krippen aufzustellen. Dadurch gelangten diese erstmals in Privathäuser. Mit der Zeit wurden Krippen so beliebt, dass schließlich jeder Haushalt seine eigene Miniaturausgabe hatte – oft auch selbst gebaut.
Weihnacht in den Alpen: Tiroler Krippen wie diese von Josef Bachlechner (1871–1923) verlegten das Heilsgeschehen in eine idealisierte Tiroler Szenerie.
Von Loammandeln und Pudelfärben
Die Figuren der Krippen sind in Tirol meistens aus Holz geschnitzt, aber auch Lehmfiguren („Loammandeln“), Papier- und Bretterkrippen haben eine lange Tradition. Berühmte Schnitzer waren Johann Giner der Ältere aus Thaur und Franz Xaver Nissl aus Fügen im Zillertal. Bis heute stellen zudem begeisterte Hobbyschnitzer ihre eigenen Figuren her, noch öfter wird der Krippenberg selbst gemacht.
Das Krippenbergbauen, Hintergrundmalen und Figurenschnitzen ist eine Kunst. Darum treffen sich die Mitglieder der Krippenvereine oft zu Fortbildungen, um zu lernen, wie sie naturgetreue Palmen basteln, ihren Krippenberg anlegen oder den Stall für die Heilige Familie, Ochs und Esel bauen. Nicht einmal, wenn „Pudelfärben“ auf dem Programm steht, wird sich ein Krippenbauer wundern. Schließlich geht es dabei nicht um einen bunten Hund aus Bethlehem, sondern um getrocknetes, fein vermahlenes Moos, den Pudel, der eingefärbt und als Deckschicht auf den Krippenberg gestreut wird.
Figurenschnitzen: Etliche Arbeitsstunden sind nötig, bis jede Locke sitzt. © Adventmarkt Seefeld
Beim Bau von Krippenbergen wird eine Grundform – hier z. B. aus Styropor – mit Naturmaterialien wie Holz, Flechten und Moos verkleidet. © Niko Hofinger
Die schönsten Krippen Tirols bewundern
Längst sind die Krippen in die Kirchen zurückgekehrt und es existieren sehr aufwändig gemachte, historische Exemplare, die ihr von Dezember bis Maria Lichtmess (2. Februar) anschauen könnt, etwa in den Pfarrkirchen von Axams, Tannheim, Umhausen, Absam und in der Innsbrucker Servitenkirche. Die größte Sammlung an wertvollen Krippen hat das Tiroler Volkskunstmuseum in Innsbruck. Auch am Krippenpfad Imst, am Nassereither Krippenweg und auf dem Krippenweg in der Wildschönau gibt es orientalische und Tiroler Krippen zu bestaunen. Auf dem Innsbrucker Marktplatz wird auch heuer wieder die berühmte Jaufenthaler-Krippe ausgestellt – ein technisches Wunderwerk, das nicht nur Kinderaugen zum Leuchten bringt.
Ein besonderes Erlebnis ist es jedoch, beim „Krippele Schaug’n“ in den Krippendörfern Tirols private Krippen anzusehen. Beim Krippenverein Thaur kann man Führungen in kleinen Gruppen vereinbaren. Die Familien zeigen ihre Schätze gerne her, verraten die Besonderheiten ihrer Krippe und servieren möglicherweise noch einen Schnaps, bevor man seinen winterlichen Rundgang durchs Dorf fortsetzt. Pandemiebedingt können diese Führungen derzeit leider nicht stattfinden.
Das Tiroler Volkskunstmuseum rückt in einer Dauerausstellung die prächtigsten Krippen des Landes ins rechte Licht. © Tiroler Landesmuseen