Der Tiroler Hütten-Crashkurs
Unser Hütten Crashkurs klärt auf, was es bei einer Übernachtung auf einer Berghütte Wichtiges zu beachten gibt. © Illustration: Bertram Haid
Holzbalken knarzen, statt dem Laptop auf dem Schoß liegen ein paar Brettspiele auf der Kommode und nach Sonnenuntergang leuchtet nur der Mond zum Fenster herein – eine Übernachtung auf einer Tiroler Berghütte gehört zu einer gelungenen ausgedehnten Wanderung, auf der man mehr sehen und erleben will, einfach dazu.
Bevor man allerdings einen Trip in die Alpen wagt, gibt es einige Dinge, die man dabei beachten muss. Ist eine Hütte so etwas wie ein Hotel auf dem Berg, hat man dort W-Lan und genießt die Vorzüge des urbanen Lebens? Die Antwort lässt sich erahnen. Trotzdem ist eine Nacht unter einem einfachen Dach oft genau das, was vielen im stressigen Arbeitsalltag fehlt: Ein analoges Tête-à-Tète mit der Natur, der Landschaft und einem klaren Sternenhimmel. Dieser Hütten-Crashkurs zeigt, worauf man sich einlassen muss.
Watten statt W-Lan
Einen Internetempfang haben nur die wenigsten echten Berghütten in Tirol. Selbst mit dem Handynetz kann es auf den besonders abgelegenen Herbergen schwierig werden. Was soll man also tun, wenn man den Tag gerne mit einer Netflix-Serie oder (weniger entspannend) mit einem schnellen E-Mail-Check ausklingen lassen will? Die Zauberwörter für den geselligen Hüttenbesucher sind in diesem Fall „Watten“, „Schnellen“ und „Schnapsen“. Was vielleicht nach einem martialischen Vergnügen gepaart mit viel Alkohol klingt, sind in Wirklichkeit harmlose Kartenspiele, die durchaus süchtig machen können. Die Regeln für die Spiele, die man in Tirol gerne in geselliger Runde spielt, sind schnell erklärt. Auf „Watter“-Runden in langen Nächten sind schon viele Freundschaften entstanden. Der einzige Gegner bleibt am Ende die Müdigkeit nach einem langen Wandertag.
Auf der Hütte spielt man Karten, anstatt im Internet zu surfen. © Illustration: Bertram Haid
Nur Bares ist Wahres
Aus den oben genannten Gründen ist es auf Hütten auch meistens nicht möglich, mit Bankomat- oder Kreditkarte zu bezahlen. Für einen Trip ohne Diskussionen mit Hüttenwirten oder verzweifelten Verpflichtungen zum Tellerwäscher lohnt es sich, genügend Bargeld mitzunehmen. Alpenvereinsmitglieder mit einem gültigen Ausweis erhalten auf den zahlreichen Hütten des Vereins übrigens Ermäßigungen.
Auch wenn es dort nicht unbedingt Internet gibt, kann man Schlafplätze in den Hütten oft per Mail oder einfach telefonisch reservieren – auf Booking.com oder Airbnb sucht man die Alpenhäuser meist vergeblich. Reservierungen sind auf den Hütten erwünscht, um den begrenzten Platz optimal nützen zu können. Die Hüttensaison variiert je nach Höhenlage und Witterungsverhältnissen: So sind tiefer gelegene Hütten meist von Ende Mai/Anfang Juni bis Anfang Oktober, die höher gelegenen von Ende Juni/Anfang Juli bis Mitte/Ende September geöffnet.
Ein Motto auf der Hütte lautet: Nur Bares ist Wahres! © Illustration: Bertram Haid
Sei dein eigener Müllmann
Auf Hütten herrschen andere Gesetze – hier auf den Bergen müssen sich die Menschen der Natur anpassen und nicht umgekehrt. Deshalb wird dort sorgsam mit der Umwelt umgegangen. Die meisten Hütten erzeugen die Energie, mit der sie in Betrieb gehalten werden, selbst. Dadurch, dass der Strom von kleinen Kraftwerken oder Solarzellen auf den Dächern kommt, müssen Gäste wie Hüttenbetreiber ihren Stromverbrauch einschränken. Die Bitte, sein Smartphone, das Tablet und drei Powerbanks aufzuladen, kostet so manchem Hüttenwirt nur ein mildes Lächeln.
Sogar für die routinierten Fahrer der Müllabfuhr sind nur einen Meter breite Pfade eine Nummer zu schwer. Auf vielen Berghütten ist man deshalb sein eigener Müllmann und wird höflich gebeten, die Überreste der Jause wieder selbst ins Tal zu bringen – Müll trennen nicht vergessen! Auf den Berghütten gibt es zwar fließendes Wasser, jedoch oft nicht genug Duschen – lange Duschgänge sollte man deshalb aus Rücksicht auf die Ressourcen und die anderen Gäste lieber vermeiden. Mit einer morgendlichen Katzenwäsche am Waschbecken fühlt man sich sowieso mehr nach Indiana Jones auf Entdeckungsreise.
Um mit der Umwelt sorgsam umzugehen, den eigenen Müll wieder mitnehmen. © Illustration: Bertram Haid
Kleine Karte, große Halle
Das Leben auf einer Hütte ist bescheiden. Weil viele alpine Herbergen zu Fuß oder sogar mit Hubschraubern mit dem Wichtigsten versorgt werden müssen, gibt es meist nur eine kleine, aber feine Speisekarte. Das hat aber Vorteile: durch das limitierte Sortiment an Schmankerln lernt man einfache Lebensmittel mehr zu schätzen. Würschtl mit Senf oder ein Bergkäsebrot ist ohnehin etwas, in das man nach einer langen Wanderung mit schlottrigen Knien gerne beißt. Eine volle Mahlzeit (oft in Form einer Halbpension) bekommt man auf Berghütten natürlich auch. Alpenvereinsmitglieder erhalten auf vielen Hütten ein vergünstigtes Bergsteigeressen.
Durch das limitierte Sortiment an Schmankerln lernt man einfache Lebensmittel mehr zu schätzen. © Illustration: Bertram Haid
Zum Schlafen legen sich die Gäste der Berghütten meist in einen großen Raum (Mehrbett-Zimmer sind meistens auch vorhanden). Im sogenannten „Matratzenlager“ kann man sich in seinen selbst mitgebrachten Hüttenschlafsack (ein dünner Beutel aus Leinen) kuscheln und eine der bereits vorhandenen, jedoch nicht nach jedem Gast gewaschenen Wolldecken überwerfen. Für Menschen mit leichtem Schlaf und gegen Schnarchnasen lohnt es sich, ein Paar Ohrenstöpsel einzupacken. Auch eine Taschenlampe ist keine Fehlinvestition, will man beim nächtlichen Toilettengang mit einer Festbeleuchtung doch ungern alle anderen aufwecken.
Trotz der Einschränkungen kann man die Tiroler Berghütten auch als klassische Gasthäuser in den Alpen bezeichnen. Man bekommt etwas zu essen und einen Schlafplatz. Ob es für die Vierbeiner, die die Tour begleiten, auch einen Platz im Trockenen gibt, muss zuerst mit dem Wirt abgeklärt werden.
Corona Maßnahmen
Was es diesen Sommer auf den Hütten zu beachten gilt, findet ihr unteranderem hier.
Die Do’s and Don’ts auf Berghütten
Bitte
- Bargeld mitnehmen
- den Alpenvereinsausweis einpacken (wenn vorhanden)
- Rücksicht auf die anderen Gäste nehmen
- Strom sparen
- den Wirt fragen, ob der Hund mit darf
Bitte nicht
- zu lange Duschen
- den eigenen Müll liegen lassen
- lärmen
- ohne zu fragen diverse elektronische Geräte aufladen
Kleine Checkliste für den Hüttenbesuch
- Hüttenschlafsack
- Taschenlampe und/oder Stirnlampe
- Müllsäcke
- Ohrenstöpsel
- Handtuch
- warme Kleidung (besonders Socken und Mütze)
- Hausschuhe
- Offenheit und ein gelassenes Gemüt :)
Hier findet ihr weitere Packtipps für den Hüttenrucksack