Wer an Tiroler Drehorte denkt, hat schnell den Wilden Kaiser und den…
Ein ganzes Leben: Die Drehorte
© epo-film | Tobis
Robert Seethalers Bestseller kommt ohne viele Dialoge aus, doch wie verfilmt man einen Roman, dessen Held kaum spricht? Mit atemberaubenden Bildern aus Osttirol gelingt dem Team rund um Regisseur Hans Steinbichler dieses Kunststück. Die genauen Drehorte findet ihr hier.
Für alle, die es ganz genau wissen wollen, habe ich sämtliche Locations von "Ein ganzes Leben" in einer Karte eingetragen. Ihr findet sie am Ende des Artikels.
Kinderjahre: Der Kranzstocker Hof
© Tirol Werbung - Anna Eisner
Die berührende Geschichte rund um das Leben Andreas Eggers beginnt mit der Ankunft des Buben bei seinem Onkel am Kranzstocker Hof. In den Aufnahmen ist ein alter Hof zu sehen, der sich in Schlaiten in Privatbesitz befindet. Neben den Außenaufnahmen sind in diesem Haus auch einige der Innenaufnahmen entstanden, wie etwa die der Stube, der Schlafkammer, des Brotbackofens und der Heukammer. Nur die Küchenszenen wurden in einem Privathaus in Lienz gedreht.
Beim Gehöft in Schlaiten wurden übrigens auch die Szenen vom Arbeiterfriedhof Bittermann und Söhne gedreht.
Erleben
Wer den Schlaitner Panorama und Erlebnisweg entlangwandert kommt direkt am alten Hof vorbei. Der Rundweg startet am Dorfplatz in Schlaiten und führt über 8 Kilometer und 560 Höhenmeter entlang eines Roten Bergwegs zum Daberer Wasserfall. Über Wiesen- und Waldsteige gelangt man zur Waldkapelle „Zum Guten Hirten“ von wo aus der Weg weiter zum Filmschauplatz führt.
Jugendjahre: Egger verlässt den Hof
Ein paar Handgriffe verwandelten den Stampferhof in den Gasthof Gamser: so wurde der Boden vor dem Haus mit aufgeschüttet, die Garage verkleidet und die Fensterrahmen ausgetauscht. © epo-film | Tobis
Nach dem Tod der alten Ahnl dauert es nicht mehr lange, bis der nunmehr 18jährige Egger den Hof seines gewalttätigen Onkels verlässt. Viele der nun folgenden Szenen spielen im „Dorf“. Das Dorf, so wie es im Film gezeigt wird, ist über mehrere Locations verstreut: Gruben, Berg und Tauer. Die meisten Aufnahmen jedoch wurden in Gruben in der Nähe von Matrei in Osttirol gedreht. Hier befindet sich auch der „Gasthof Gamser“, der eigentlich „Stampferhof“ heißt. Um die Bilder möglichst authentisch zu gestalten, wurden während der Dreharbeiten sämtliche Asphaltstraßen vor dem Hof mit Mist aufgeschüttet, die moderne Fassade verkleidet und Straßenlaternen abgebaut.
Erleben
Der Stampferhof liegt auf 1.164 Metern Seehöhe und bietet mehrere Zimmer und eine Ferienwohnung für Gäste an. Schon seit 1736 befindet sich der Hof in Familienbesitz. Die urige Unterkunft ist ein guter Ausgangspunkt für zahlreiche Wanderungen, wie etwa zur Badener Hütte, aber auch für Skitage, schließlich hält der Skibus nur 600 Meter vom Haus entfernt.
Die künstlerische Freiheit wurde bei den Szenen hinter dem Dorf und dem Gasthof Gamser ausgeschöpft. So wurden die Szenen mit dem Hühnerstall (Marie!), Eggers Genesung nach der Lawine, der Gasse im alten Dorf und der Blick zum Hang beim Tauernhaus in Matrei gedreht. Hier entstanden auch die Aufnahmen der Dachkammer, wo Egger zeitweise unterkam.
Matreier Tauernhaus © TVB Osttirol / Maik Major
Erleben
Die Geschichte des Matreier Tauernhauses geht bis ins 13. Jahrhundert zurück. So wurde es als Hospiz auf 1.512 Metern Seehöhe am Felbertauern erstmals urkundlich erwähnt. Die Geschichte des Hauses lässt sich nicht nur erahnen, denn vielfach wurde die alte Substanz erhalten und behutsam saniert. So taucht man etwa in den Stuben in längst vergangene Zeiten ein, während man die regionale Küche genießt. Als Ausgangspunkt für zahlreiche Aktivitäten wie Wanderungen aller Schwierigkeitsstufen – von Innergschlöss bis zur Neuen Prager Hütte – und als Startpunkt für Winteraktivitäten wie Langlaufen und Schneeschuhwanderungen ist das Tauernhaus in jedem Fall die eine oder andere Übernachtung wert.
Männerjahre: Egger und die Marie
Stefan Gorski alias Andreas Egger beim Winterdreh zwischen Tauernhaus Matrei und St. Pöltner Hütte. © epo-film | Tobis - Isabella Schulmeister
Kurz nachdem Egger sich durch harte Arbeit genug Geld sparen konnte, um eine kleine Hütte zu pachten, lernte er seine Marie kennen und lieben. Die Liebesgeschichte der beiden wird vor allem an folgenden Orten erzählt: Eggers Hütte, dem Weg dorthin, der Kirche und dem Friedhof.
Eggers Hütte wurde nur für den Film unweit vom Tauernhaus Matrei aufgebaut und nach den Dreharbeiten wieder entfernt. Die Kirche, bei der die beiden zu ihrem ersten gemeinsamen Spaziergang aufbrachen, ist die Filialkirche St. Nikolaus und befindet sich in Ganz bei Matrei in Osttirol. Der Friedhof hingegen befindet sich einige Kilometer weiter westlich (taleinwärts) in Hinterbichl und gehört zur Kapelle Groder.
Kapelle Groder in Osttirol © Tirol Werbung - Anna Eisner
Nicht zu verwechseln mit Hinterbichl ist die kleine Ortschaft Hinteregg, in der einige Szenen aufgenommen wurden – nicht zuletzt der berührende Heiratsantrag Eggers.
Erleben
Über den Wanderweg Richtung Grünseehütte, der beim Matreier Tauernhaus startet, kommt man recht nahe an die Stelle, an der die Eggers Hütte stand. Alternativ kann man auch der Forststraße folgen, die etwas oberhalb der Mautstation des Felbertauerntunnel beginnt, und zur St. Pöltner Hütte führt.
Unweit der Groderkapelle befindet sich der Wanderparkplatz Wiesen, von wo aus man zahlreiche Wanderungen und Biketouren durch das Dorfertal starten kann: besonders beliebte Ziele sind die Johannishütte und der Großvenediger.
Der Weiler Hinteregg gehört zur Gemeinde Matrei und besticht durch seine einzigartige Aussicht. Da er nur über Strum zu erreichen ist, empfiehlt sich ein Besuch im bekannten Kräuterwirtshaus der Familie Holzer. Nach einer kleinen Stärkung geht es der öffentlichen Fahrstraße entlang bis zum letzten Hof - der Wanderweg 58a führt schließlich über den Ortsteil Proßegg wieder hinunter ins Tal.
Männerjahre: Egger als Tagelöhner bei Bittermann und Söhne
Die Eröffnungsfeier der Windenkogler Luftseilbahn bei der Mooseralm in St. Jakob in Defereggen © epo-film | Tobis
Um seine Familie ernähren zu können, verdingt sich Egger als Tagelöhner beim Bau der neuen Bergbahn. Als diese endlich in Betrieb genommen wird, empfindet sich Egger als Teil eines Ganzen und feiert gemeinsam mit seinen Kollegen diesen großen Tag.
Die Drehorte zu diesen Szenen sind über ganz Osttirol verteilt: Hinterbichl/Dorfertal (das Aufstellen des Seilbahnmastes sowie das Camp der Arbeiter), Ratzell (ein weiterer Seilbahnmast), Debanttal (Grollerer wird der Arm abgerissen) und Dölach (Egger schmiert die Seilbahnrollen).
Besonders eindrucksvolle Bilder kommen aber von der Inbetriebnahme der „Windenkogler Luftseilbahn“: sie wurden bei der Mooseralm in St. Jakob in Defereggen aufgenommen.
Erleben
Die Mooseralm liegt direkt im Skigebiet St. Jakob und ist im Winter leicht über zwei Liftfahrten zu erreichen. Im Sommer lockt die Ochsenlacke als Wassererlebnisspielplatz auf den Berg. In St. Jakob befinden sich außerdem die berühmten Jagdhausalmen.
Die späten Jahre: Egger in der Steinhütte
Nachdem Egger aus dem Krieg zurückkehrt, kommt er beim Schulhaus unter. Dieses befindet sich in Berg, dem Nachbarort von Gruben, wo (siehe oben) die meisten Dorfszenen entstanden sind. Nachdem dieses Haus abgerissen wird, pachtet Egger vom Wirt die abgelegene Steinhütte, in der er seinen Lebensabend verbringt. Die sogenannte Halterhütte befindet sich im Umbaltal, nahe der Umbalfälle, im Nationalpark Hohe Tauern und wird als Jagdhütte genutzt.
Erleben
Das Umbaltal führt der Isel entlang von der Quelle bis nach Hinterbichl. Entlang der Themenwanderung „Wasserschaupfad Umbalfälle“ begleitet man den Bergbach ein Stück bis zu den beeindruckenden Umfalfällen. Etwas oberhalb befindet sich die Halterhütte und jene Stelle, an der er beim Waschen von Wanderern überrascht wird.
Wem die kurze Wanderung nicht genug ist, wählt den Aufstieg weiter zur Clarahütte. Besonders viel sieht man entlang des 76 Kilometer langen Iseltrail, einem Weitwanderweg, der ohne viele technischen Schwierigkeiten von Lienz bis zur Iselquelle führt. Die Steinhütte passiert man übrigens entlang der vierten Iseltrailetappe.
"Ein ganzes Leben" ist eine Koproduktion von EPO Film und Tobis nach dem gleichnamigen Bestseller von Robert Seethaler. Die Dreharbeiten unter Regisseur Hans Steinbichler fanden zwischen Februar und Juli 2022 an 47 Drehtagen in Osttirol statt. Der Film feierte seine Premiere beim Zürich Filmfestival im Oktober 2023 und ist seit November 2023 in den Kinos zu sehen.