Weitwandern mit Kindern – geht das?
Das wollte ich letztes Jahr wissen und hab mich mit Sack und Pack (und einer wirklich geduldigen Freundin) auf den Lechweg gemacht. Eines gleich vorweg: die Woche am Lechweg mit meinen Söhnen (damals 11 Monate und 2 Jahre alt) war anstrengend – nicht nur körperlich! Als passionierte Weitwanderin bin ich es ja gewohnt, alles mit mir zu tragen, was ich brauche. Allerdings hat sich mein Gepäck durch die Kinder mehr als vervierfacht: Windeln, Gläschen, Wechselkleidung und nicht zuletzt: die Kinder selbst! Umso wichtiger war daher die Wahl des Weitwanderwegs – nicht bezüglich Kindertauglichkeit sondern auch hinsichtlich seiner Topografie.
Kurz nach Gehren, liegt der Tiroler Lechweg vor uns (c) Tirol Werbung – Julia König
Für den Lechweg haben wir uns schließlich aus drei Gründen entschieden:
- Es gibt entlang des Weges viel zu entdecken: zahlreiche Ausflugsziele, Schwimmbäder und Wasserläufe garantieren, dass den Kindern nicht langweilig wird.
- Die Etappen sind größtenteils nicht sehr anspruchsvoll und schwerere Passagen können durch den Radweg im Tal (oder öffentliche Verkehrsmittel) umgangen werden.
- Die Infrastruktur am Lechweg ist bestens ausgebaut: es findet sich immer Lokal für eine schnelle Einkehr sowie eine Unterkunft. Außerdem fährt im Tal jede Stunde ein Wanderbus (in beide Richtungen), der mit der Lechtal Aktiv Card sogar kostenlos benutzt werden kann.
Aussichten, an denen man sich kaum satt sehen kann (c) Tirol Werbung – Julia König
Da ich mich im Urlaub gerne treiben lassen, habe ich auch diesmal nicht allzu viele Vorbereitungen getroffen: das funktioniert mit meinen beiden Kindern ziemlich gut, aber diesmal hätte eines nicht geschadet: eine Unterkunft für die gesamte Woche zu organisieren. Nicht nur, dass wir uns damit einiges an Schlepperei gespart hätten, für kleinere Kinder ist ein Fixpunkt auf einer solchen Reise unabdingbar. In Holzgau haben wir schließlich eine Ferienwohnung gebucht und so konnte dann auch der Nachwuchs am Weg ankommen. Mit dem Wanderbus sind wir dann jeden Tag zum neuen Ausgangspunkt und am Abend wieder heim ins Hotel gefahren.
Das Wandern selbst war für uns alle wirklich sehr entspannend – der Große konnte nach Herzenslust sausen (und sich anschließend im Kinderwagen ausrasten) und beide hatten eine wahre Freude daran, dass alle (gefühlten) zehn Meter ein neuer Bachlauf dazu einlud, händevoll Steine ins Wasser zu werfen oder Steinmännchen zu bauen.
Steinmandl oder Steine werfen, das ist hier die Frage (c) Tirol Werbung – Julia König
Uns Erwachsenen hat es gut getan, uns dem Rhythmus der Kleinen anzupassen und das anzunehmen, was uns der Weg gerade bietet (anstatt „Meter zu machen“). Denn eines ist klar: wie bei Bergwanderungen auch, gilt beim Weitwandern: der Kleinste gibt das Tempo vor – und die Pausen!
Wie im Wimmelbuch, nur in Echt (c) Tirol Werbung – Julia König
So haben wir beispielswese eine Stunde lang einem Straßenfertiger beim Asphaltieren einer kleinen Seitenstraße zugesehen, nur um 20 Meter später im Naturklettergarten Schrofenwies Kletterer zu bestaunen und gleich im Anschluss zu jausnen. (Damit war auch schon der ganze Vormittag vergangen).
Erste Versuche im Klettergarten Schrofenwies (c) Tirol Werbung – Julia König
Die Wegbeschaffenheit des Weges war bestens und auch mit dem Kinderwagen gut zu meistern – wir hatten uns diesbezüglich aber auch gut informiert und nur bei einer Etappe hatten wir uns so verschätzt, dass wir dankbar und froh waren, im Tal angekommen zu sein (Holzgau – Steeg). Da diese Etappe aber auch über die wirklich sehenswerte Holzgauer Hängebrücke führt, sollte man sie sich trotzdem nicht entgehen lassen: ohne Kinderwagen und mit etwas Trittsicherheit ist auch dieser Abschnitt gut zu bewältigen.
Auf der Holzgauer Hängebrücke (c) Tirol Werbung – Julia König
Mein Fazit
Das Weitwandern mit den Kindern war nicht nur machbar – es hat auch richtig Spaß gemacht! Ich würde jederzeit wieder mit meinen beiden Buben auf Wanderschaft gehen – nur halt ein bisschen anders: Ein bisschen gemächlicher, ein bisschen langsamer und auch ein bisschen weniger ehrgeizig.
Wo eine Pfütze ist, muss natürlich ein Blätterboot hinein. (c) Tirol Werbung – Julia König
Tipps für die Lechweg-Planung mit Kleinkindern
- Buche eine Unterkunft für den gesamten Aufenthalt und erwandere den Lechweg von dort aus.
- Besorge Dir den Lechweg-Wanderführer (z.B. den vom Conrad Stein Verlag, Edition OUTDOOR, bei dem die Kinderfreundlichkeit gleich mitgetestet wurde). Ich würde auch empfehlen (nach kurzer Lektüre des Wanderführers) direkt bei einem derLechweg-Partner anzurufen und sich genauer nach der Wegbeschaffenheit und Machbarkeit mit Kinderwagen zu erkundigen. Du wirst freundlich Auskunft bekommen!
Einige Abschnitte des Lechwegs sind durchwegs flach und auch für kleinere Kinder gut zu gehen (c) Tirol Werbung – Julia König
- Sorge unbedingt dafür, dass für jedes Kind ein Transportmittel zur Verfügung steht. Auch für größere Kleinkinder ist ein Tagesmarsch anstrengender, als man vermuten möchte (schließlich müssen sie auch zahlreiche Eindrücke verarbeiten). Ich würde einen geländetauglichen Kinderwagen empfehlen (womit auch der Rucksack transportiert werden kann, wenn der Nachwuchs gerade selbst läuft).
- Richte Dich nach dem Tempo der Kinder und rechne mit sehr kurzen Tagesetappen. Die Kleinen entdecken unterwegs ständig neue Dinge, die bestaunt werden wollen. Und das kostet natürlich Zeit. Besser, man plant nur drei effektive Gehstunden ein, als dass man gegen Mittag schon gestresst ist, weil man nicht zügig genug vorankommt. Kinder sind großartige Lehrmeister, wenn es um den bekannten Spruch „Der Weg ist das Ziel“ geht!
Unterwegs gibt es viele Anlässe, um kurz stehen zu bleiben…hier quert eine Raupe unseren Weg (c) Tirol Werbung – Julia König
- Plane genügend Ausflüge ein: direkt am Lechweg liegen zahlreiche Schwimmbäder und andere Ausflugsziele, die eine willkommene Abwechslung bieten (z.B. das Aqua Nova in Steeg, der Naturbadeteich in Vorderhornbach, die Burgenwelt Ehrenberg, in der sich die Kinder echte Rüstungen anziehen können und anschließend zum Ritter geschlagen werden, und viele viele mehr). So wird aus einer Weitwanderung ein – für alle – rundum vollkommener Urlaub.
Tipps für die Lechweg-Planung mit größeren Kindern
Im Sommer 2020 bin ich den Lechweg wieder mit meinen beiden Söhnen (dann 7 und 9 Jahre) gegangen und die beiden waren so begeistert, dass sie in den nächsten Sommerferien unbedingt wieder ins Lechtal wollen. Diesen Wunsch erfülle ich ihnen liebend gerne, denn gerade solche Urlaube schweißen uns als Familie so richtig zusammen und die gemeinsame Zeit in Bewegung genießen wir alle drei. Natürlich gilt es bei größeren Kindern auf andere Dinge zu achten, darum hier noch ein paar Tipps:
Am Lechweg kurz vor Elmen (c) Tirol Werbung – Julia Koenig
- Plane die Tagesetappen schon im Vorhinein: je nach Kondition der Kinder, Wegbeschaffenheit und Ausflugszielen entlang der Strecke, empfehle ich 8-12 Kilometer für eine Tagesetappe. Im Zweifel würde ich die Etappen eher kürzer planen, weil es Zeit für Pausen schafft. Auch, wenn man früher als geplant am Ziel ankommt, wird es dort ausreichend Möglichkeiten geben, die restliche Zeit schön zu verbringen.
- Buche die Unterkunft am Ende der jeweiligen Etappe schon von zu Hause aus: Das nimmt dem Ganzen zwar etwas von seiner Spontaneität, aber das Lechtal ist eine beliebte Region, in der es manchmal schwer sein kann, kurzfristig eine Unterkunft im Wunschort zu finden. Ist die Unterkunft bereits gebucht, kann man sich voll und ganz – und vor allem ohne Stress – auf den Weg einlassen.
Wer sich auf das Abenteuer Weitwandern mit Kindern gut vorbereitet, kann sich am Weg auch voll darauf einlassen (c) Tirol Werbung – Julia Koenig
- Mach aus dem Weitwanderurlaub einen Abenteuerurlaub: Es gibt unterwegs so viele tolle Angebote für erlebnishungrige Kinder, dass es schwer fallen kann, sich zu entscheiden. Ich würde in jedem Fall eine Rafting-Tour (die Basis liegt direkt am Lechweg in Häselgehr) und ein, zwei (oder noch mehr) Fahrten mit der SommerrodelbahnWally Blitz in Elbigenalp empfehlen. Unbedingt sollte man auch die Burgenwelt Ehrenberg besuchen, und außerdem locken unterwegs zahlreiche Schwimmbäder und natürlich auch der Lech, an dessen Ufer es sich gut planschen lässt.
- Halte das Gepäck für die Kinder leicht: zwei kleine Wasserflaschen, Kopfbedeckung und Sonnenbrille, eine Badehose, ein kleines Reisehandtuch für Badeausflüge, ein dünner Pullover und eine Wechselgarnitur sollten im Sommer an Ausrüstung reichen…am Lechweg ist man nie weit von einem Ort und der entsprechenden Infrastruktur entfernt.
Die Rucksäcke der Kinder sollten natürlich auch so leicht sein, dass sie bei Bedarf auch noch von Mama oder Papa geschultert werden können. (c) Tirol Werbung – Julia Koenig
- Vergiss die Schnitzmesser für die Kinder nicht: Es wird viele Gelegenheiten geben, wo sie nützlich sind (z.B. zum Wanderstecken schnitzen und verzieren, für Boote aller Art, etc.)
Infos
Der Lechweg ist insgesamt 125 Kilometer lang und verläuft meist leicht abfallend, es sind aber etappenweise auch immer wieder auch Steigungen (bis zu 734 Höhenmeter!) zu überwinden. Der gesamte Weitwanderweg ist in 15 Abschnitte unterteilt, die zwischen 3 und 15 Kilometer lang sind, anhand derer die Etappenplanung gemacht werden kann. Wem 15 Kilometer zu lang sind, kann die Etappen auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln abkürzen! Weitere Infos zum Lechweg gibt es auf www.lechweg.com.
Generelle Informationen zu Wanderungen mit Kindern können übrigens auf www.tirol.at/wandern-mit-kindern heruntergeladen werden.