Urlaub auf dem Bauernhof in Osttirol
Osttirol. Christian, mein Mann, war dort schon mehrmals zum Skitourengehen im Villgratental. Er kam immer ganz begeistert wieder. Nicht nur wegen der zahlreichen Tourenmöglichkeiten, sondern weil er das ruhige, abgeschiedene Wesen dieser Täler an der Grenze zu Südtirol mochte.
Von Massentourismus ist hier nichts zu sehen. Statt Hotelburgen, thronen beeindruckend große, verwitterte Gehöfte aus dunklem Holz an den steilen Hängen. Die Nähe zu Italien und den Sextner Dolomiten, mit den weltbekannten Tre Cime/Drei Zinnen, hat fast magische Anziehungskraft. Von fast jedem Gipfel konnte er bei guter Sicht die Dolomitenkette bestaunen und auch kulinarisch ist die Gegend, mit einer Melange aus österreichisch-italienischer Küche, ganz nach seinem Geschmack.
Als uns Eva dieses Jahr einlud „Urlaub auf dem Bauernhof“ in Tirol zu machen und uns mehrere Höfe in ganz Tirol vorschlug, da musste Christian nicht lange überlegen und hatte mich ebenso schnell überzeugt. In Osttirol setzt sich die markante Dolomitenkette, von Italien kommend, in den Lienzer Dolomiten fort. Die zählen aber, trotz des gleichen Namens, offiziell nicht mehr zu den Dolomiten. Lienz ist mit 12.000 Einwohnern die größte Stadt Osttirols und unsere wunderbare Unterkunft, die „Badstube“ vom Straganzhof liegt etwas oberhalb in Iselsberg, vis à vis dieser beeindruckenden, schroffen Gipfelkette um die 2.700m.
Die Lienzer Dolomiten.
Überall hat man eine tolle Sicht auf die Dolomiten.
Donnerstagmorgen, zu Christi Himmelfahrt, beladen wir unseren VW-Bus (nach 3 Tagen Urlaub auf dem Bauernhof in Osttirol, haben wir noch 2 Nächte im Bus in den Sextner Dolomiten geplant) und los geht’s. Allein die Fahrt vom Chiemgau nach Süden ist für uns immer wieder ein Genuss. Erst die vergleichsweise niedlich erscheinenden und uns so vertrauten bayerischen Gipfel, dann durch die Entenlochklamm nach Kössen in Österreich. Der Wilde Kaiser türmt sich auf, mit schneebedeckten Felsflanken und luftigen Gipfeln. Das Urlaubs-Mix-Tape (eigentliche eine CD) läuft, die Mädels sind bester Stimmung. Bei jeder Veränderung hinter den Busscheiben fragen sie: „Ist das Urlaub?“ „Ja, das ist Urlaub!“
Wir fahren über den Pass Thurn und erblicken den Hauptalpenkamm. Weiße, formschöne Gipfel, soweit das Auge reicht. Hinunter ins Tal und auf der anderen Seite wieder hinauf zum Felbertauerntunnel. Hier kommt schon hochalpine Stimmung auf. Auf der anderen Seite beginnt der Süden und versteckt in einem westlich gelegenen Tal, liegt der Große Venediger (3.666m). Hier machen wir die erste Rast, wandern mit den Kindern ein kleines Stück in Richtung Venediger. Man kann auch ein spezielles Tal-Taxi oder eine Kutsche nehmen, um schneller bis zum Venediger Haus zu kommen. Im Sommer ist hier ziemlich viel los. Reisebusse voller Rentner, Durchreisende, Tagesausflügler und Hochtouristen. Jetzt, Anfang Mai, ist es angenehm ruhig. Ob das Taxi/die Kutsche zu dieser Zeit überhaupt fährt, können wir nicht sagen. Wir haben sie nicht fahren sehen und wollen uns auch nur ein wenig die Beine vertreten. Um aber einen Blick auf den Venediger werfen zu können, muss man ohne Taxi/Kutsche ganz schön weit laufen. Das haben wir nicht vor. Stattdessen begeistert uns die etwas Tal einwärts gelegene Alm-Siedlung, mit urig alten Bauernhäusern und zu dieser Jahreszeit noch völlig verlassen, wie eine Geisterstadt. Wären da nicht im Hintergrund die Motorräder auf dem Felbertauernpass zu hören, könnte man sich glatt in einer Zeitreise wähnen.
Almdorf Innergschlöß.
Nächstes Ziel, nur ein paar Täler weiter, das Defereggental. Auch hier ist die Welt noch im Frühjahrsschlaf, zwischen Winter- und Sommersaison. Fast alle Hotels und Gasthäuser scheinen geschlossen zu haben. Wir fahren bis zur Passhöhe am Ende des Tals, wo es auf der anderen Seite weiter nach Italien/Südtirol geht. Der Pass ist allerdings noch gesperrt, weil hier oben noch reichlich Schnee liegt. Bis auf ein paar Skitourengeher ist hier niemand anzutreffen. Wir genießen kurz die Aussicht, Christian schwört mit dem Splitboard wieder zu kommen und wir fahren zurück Richtung Lienz.
Am Straganzhof angekommen, werden wir schon erwartet und sehr freundlich begrüßt. Die Aussicht auf die Lienzer Dolomiten ist grandios. Das urige Ferienhäußchen „Badstube“ aus dem 18. Jahrhundert, liebevoll restauriert und modern ausgestattet, wirklich reizend. Nur die nahe gelegene Straße bietet einen kleinen Wermutstropfen, wenn man nach dem Haar in der köstlichen Suppe suchen möchte.
Im Haupthaus gibt es einen Wellnessbereich mit finnischer Sauna, familienfreundlich mit einem direkt anschließenden Kinderspielzimmer. Das Trampolin im Garten, der Spielplatz, die Ziegen und Kälber, gefallen unseren Mädels natürlich auf Anhieb. Der Service ist super, das Frühstück reichhaltig und die hauseigene Almhütte auf dem Weg zum Straßkopf (2.401m) ein absoluter Traum.
Straganzhof, Osttirol.
So lässt es sich doch urlauben.
Ausblick vom Straganzhof, Osttirol.
Die Wanderung zum Gasthaus „Schöne Aussicht“ (1.299m) kann man auch mit kleinen Kindern sehr gut machen und nicht nur die Aussicht und der Spielplatz, sondern auch das Essen ist wirklich gut. Die Wanderung zu Roaner Alm (1.903m) bedarf schon ein wenig mehr Ausdauer. Wir haben die Mädels zwischendurch auch immer wieder getragen und waren trotzdem insgesamt 7 Stunden (hin und zurück) unterwegs. Das erste Stück im Wald, später dann über Almwiesen. Die Steigung, aus unserer Sicht, immer moderat und angenehm. Auch viele flachere Passagen auf guten Wegen, die die Kinder sehr gut selbst laufen können. Die Roaner Alm bietet ebenfalls eine grandiose Aussicht, herzlichen Service und gute Küche.
Ausblick von der Roaner Alm.
Einen kleinen Nachmittagsausflug machen wir noch an dem grün schimmernden Tristacher See. Schön gelegenen unterhalb der Lienzer Dolomiten. Mit einem Parkhotel, einem Strandbad und einem Campingplatz zwar für unseren Geschmack ein wenig zu gut erschlossen, aber, ich wiederhole mich, Anfang Mai wunderbar ruhig. Auch diese kleine See-Umrundung ist mit Kindern super zu machen. Für sie waren wohl die Fische im Hotelaquarium, der Rindenschiffbau und der Spielplatz im leeren Strandbad die Highlights.
Natürlich gäbe es in der nahen Umgebung noch etliches mehr zu erwandern und zu entdecken (z.B. die Lienzer Hütte), aber uns zieht es nach unserem Aufenthalt am Straganzhof doch nochmal ins nahe gelegene Italien und die Sextner Dolomiten.
Ausflug zum Tristacher See.
Tristacher See.
Da das Wetter zuhause im Chiemgau wesentlich besser sein soll als auf der Alpensüdseite, beschließen wir nach einer Übernachtung im Bus, einen Tag früher nach Hause zu fahren. Wir lassen uns aber Zeit auf der Heimreise. An- und Abreise gehören für uns schon bzw. noch zum Urlaub dazu. Deshalb fahren wir wieder am Straganzhof vorbei, noch einen Umweg durch‘s Mölltal, nach Heiligenblut. Kurven mehr oder weniger aus Versehen die etwas abenteuerliche „alte Glocknerstraße“ hoch (oberes Drittel nur noch ein Feldweg), um ganz oben, kurz vor der eigentlichen „Großglockner Hochalpenstraße“ von einer Schranke gestoppt zu werden. Umdrehen, alles wieder runter. Macht aber Spaß und die Aussicht ist super. Dann auf die Mautpflichtige „Großglockner Hochalpenstraße“ (40,- Euro, nicht grade billig, aber sehr lohnend), zur Kaiser Franz Josef Höhe. Auch hier ist zu dieser Jahreszeit und an einem Werktag, nicht viel los. Wir sehen duzende Murmeltiere (Mädels sind begeistert), den schrumpfenden Gletscher, die Oberwalderhütte und sogar der Großglockner (3.798m) lüftet nach ca. 1,5 Stunden Wartezeit sein Wolkenkleid. Weiter zur Edelweiß Spitze (2.571m). Vor allem Christian ist ganz angetan, weil man hier schön auf das Große Wiesbachhorn (3.564m) blicken kann, auf dem er vor ein paar Jahren mal alleine war. Der Tag verfliegt wie im Nu und wir kommen gegen 20:30 Uhr zuhause an. Ach, schön… Daheim ist’s doch am Schönsten! Doch der nächste Trip ist schon in Planung ;)
Fazit: Osttirol ist definitiv immer eine Reise wert. Schon die Anreise bietet viele landschaftliche Sehenswürdigkeiten. Das etwas verschlafene Image Osttirols entspricht voll und ganz unserer Vorliebe für Urlaub abseits des Massentourismus. Urlaub auf dem Bauernhof ist besonders für die Kinder ein ganz besonderes Erlebnis und macht den Eltern die Urlaubsgestaltung leicht, weil es für die Kinder viel zu entdecken gibt. Und die Nähe zu Italien und den Sextner Dolomiten ist für uns ein wesentlicher Standortvorteil.
Esther Meinel-Zottl
Bei ihrem Besuch in Osttirol war Esther noch Mama von zwei Mädels, mittlerweile sind die Geschwister schon zu dritt. Mit ihrer Familie ist Esther viel in den Bergen unterwegs und teilt die Fotos von ihren Abenteuern auf Instagram als @ourlifeinthealps (früher @mama_2thelittleones) und auf ihrer Website www.esthermeinelzottl.com.
Die Wanderung zum Gasthaus kann man auch mit kleinen Kindern sehr gut machen.