Innsbruck Food Tours: Kulinarischer Spaziergang durch Tirol
Fette Beute: Die Überbleibsel der Food-Tour kommen als Proviant in die Tüte.
Klar, die Innpromenade ist hübsch anzusehen und das Goldene Dachl macht sich gut in jedem Instagram-Feed. Aber diese Stadtführung dreht sich um etwas Wichtigeres: Krautinger, Graukäse und Käsespätzle zum Beispiel. Treffpunkt ist 10 Uhr bei der Markthalle, wo Kurt Reindl auf uns wartet: „Heute lernt ihr die Küche Tirols kennen. Ich hoffe, ihr habt Hunger mitgebracht, denn das ist keine Sample-Tour, bei der es nur Kostproben gibt“. Jeder von uns bekommt ein Papiersackerl ausgehändigt – für die Reste, wie uns Kurt erklärt, denn Essensverschwendung ist ihm ein Gräuel.
Kurt Reindl ist eher an Gäste aus Übersee gewöhnt, heute macht er die Tour mal auf Deutsch.
Tiroler Kost im Vordergrund
Die frühe Stunde hält den Food-Guide nicht davon ab, die Tour mit einer Runde süßem Zirbenschnaps einzuläuten. Hintergrundwissen zum Nadelbaum, der in Tirol seit eh und je für alles Mögliche genutzt wird, gibt es gleich dazu. Kurt bezeichnet sich als „Bauernbua aus dem Ötztal“, aber eigentlich ist er Journalist. Als Gourmet und Geschichtenerzähler arbeitet er im Nebenerwerb. „Ich habe selbst schon viele Food-Touren auf der ganzen Welt mitgemacht. Häufig gibt es dort internationale Küche zum Probieren. Das Besondere an meiner Tour ist, dass die typischen Tiroler Produkte im Fokus stehen“, erzählt der Anfangvierziger.
Das fängt ja gut an: Hausgemachter Zirbenschnaps aus dem Ötztal zur Begrüßung.
Alles Käse in der Markthalle Innsbruck
Unsere erste Station ist das Geschäft des Käse-Sommeliers Stefan Kranebitter in der Innsbrucker Markthalle. In seinem „Tresor“ liegen wunderbar würzige Produkte wie Tiroler Berg-, Alm- und Graukäse – allesamt Tiroler Kulturgüter mit geschützter Ursprungsbezeichnung. „ Aber gerade für Besucher aus den USA oder Asien sind diese geruchsintensiven Sorten ziemlich gewöhnungsbedürftig“, sagt der Tourguide. Ich hingegen bin voll in meinem Element und würde am liebsten gleich die ganze Käseplatte verdrücken. Aber schon geht es weiter…
Love it or hate it: Tiroler Graukäse. Je nach Reifegrad ist er mild bis extrem würzig.
In der Innsbrucker Markthalle gibt es unzählige Köstlichkeiten zu entdecken.
Krautinger – der Schnaps der Schnäpse
Ach, ich könnte euch jetzt Anekdoten von lieben Freunden aus Übersee erzählen, die an meinem Küchentisch schon in den Genuss eines Krautingers kamen. Aber das erspare ich euch und erfreue mich still der Erinnerung an ihre ekelverzerrten Gesichter. Auch Kurt steht der Schelm ins Gesicht geschrieben. Munter erzählt er von der Stoppelrübe, die einzig und allein in der Wildschönau zu Schnaps verbrannt wird. Für mich mehr Medizin als Genussmittel, hat der Hochprozentige mit dem „speziellen“ Geruch doch seine treue Fangemeinde. Wohl bekomm’s! Zum Neutralisieren verabreicht Kurt ein Stück „Magenzucker“, eine beinahe in Vergessenheit geratene Mischung aus Zucker, Zimt und Nelken.
In der Markthalle findet man viel regionales Obst und Gemüse.
Erst gibt es Wildschönauer Krautinger, dann erfrischenden Magenzucker aus Südtirol.
Brotgenuss in der Bäckerei Kröll
Was wäre Tirol ohne seine Brotkultur? In Innsbruck gibt es wunderbare Traditionsbäckereien, etwa jene der Familie Kröll in der Riesengasse. „In diesem Gebäude befindet sich seit 1795 durchgehend eine Bäckerei. Gebacken wird hier nur einmal am Tag, wie anno dazumal“, erzählt Kurt. Schon beim Betreten duftet es herrlich nach frischem Brot. Die Chefin Marion Kröll reicht uns eine Platte mit allerhand Köstlichkeiten: Vinschgerl, Schüttelbrot und Gebildgebäck, die hüben wie drüben des Brenners eine lange Geschichte haben. Kurt erzählt spannende Anekdoten und wir lassen uns die Brote schmecken. Was übrig bleibt, kommt in die Jausentasche.
Durch die Altstadt geht es zur Bäckerei Kröll in der Riesengasse.
Typische Brotsorten gibt es in einer der ältesten Bäckereien Innsbrucks.
Hausmannskost im Weissen Rössl
Und schon ist es Mittag, bei so viel Kulinarik vergeht die Zeit wie im Flug. Wir kehren ins „Weisse Rössl“ in der Kiebachgasse ein – im Jahr 1590 eröffnet, ist es eines der ältesten Gasthäuser der Stadt. Wir bekommen einen schönen Platz im Kellergewölbe und in kürzester Zeit stehen Käsespätzle und Tiroler Gröstl auf dem Tisch. Kurt erzählt von der bäuerlichen Küche, von der Armut früherer Tage und von Nachhaltigkeit in der heutigen Zeit. Er selbst nimmt keinen einzigen Bissen in den Mund. Wir lassen es uns schmecken und stoßen mit einem Glas Preiselbeersaft an. Wer es ein bisschen würziger mag, bekommt eine Prise selbstgemachtes Zirbensalz. Nach dem Essen stehen wir einfach auf, Kurt winkt beim Hinausgehen nur kurz der Kellnerin. Sehr praktisch, so eine Food-Tour.
Tiroler Gröstl: DER Klassiker der alpinen Küche.
Preiselbeeren heißen hierzulande „Granten“. Auch als Saft schmecken sie ganz wunderbar.
Kaffeegenuss in der Rösterei coffeekult
Nun geht es ein paar Schritte raus aus dem Stadtzentrum, in die Tschamlerstraße. Wenn ich nicht ohnedies Kaffeeliebhaber wäre, würde ich spätestens beim Betreten des „coffeekult“ einer werden. Dieser Duft! Besitzer Cem Kormaz ist mehrfach ausgezeichneter Barrista-Champion und betreibt eine Rösterei und zwei Cafés in Innsbruck. Wir dürfen uns heute das Herzstück seines Betriebs anschauen, in der gerade eine feine Arabica-Röstung abgepackt wird. „Ok, ich gebe zu, Kaffee ist kein typisches Tiroler Produkt. Aber die Kaffeehauskultur hat auf jeden Fall eine lange Tradition“, sagt Kurt Reindl. Zum Espresso gibt es Prügeltorte aus dem Tiroler Unterland und ein Stück dunkler Schokolade aus dem Hause Tiroler Edle. Herrlich!
Eine Kleinigkeit hat immer noch Platz: Prügeltorte, Tiroler Edle und Coffekult-Espresso.
Kurt macht die Geruchsprobe bei den ungerösteten Kaffeebohnen.
Volle Bäuche und zufriedene Gesichter
Wir sind nun alle mehr als satt – an diesem Regentag wäre jetzt ein Mittagsschläfchen das höchste der Gefühle. Aber daraus wird leider nichts, der Schreibtisch wartet. Kurt Reindl hätte für diesen Nachmittag sogar noch weitere Tourstopps parat, die wir dankend ablehnen müssen. Normalerweise ginge es jetzt noch in die Aydin Bäckerei, wo das beste Baklava Innsbrucks wartet. Und als ob das noch nicht genug wäre, gibt es am Ende noch eine Marend in der Tiroler Speckeria. Aber sich durchs volle Programm der Food-Tour zu futtern, überlassen wir lieber euch. Probiert es aus, es lohnt sich!
Innsbruck Food Tours
Dauer Klassik-Tour: ca. 4 Stunden
Preis Klassik-Tour: 90 Euro pro Person
Preis „Süße Tour“: 50 Euro pro Person