5 Wildkräuter, die vor der Haustür wachsen
Löwenzahn beim Trocknen. Foto: Maren Krings
Auf kleinen Spaziergängen oder im eigenen Garten (wenn man einen hat) findet man zahlreiche Heilpflanzen und Wildkräuter. Der diplomierte Kräuterexperte Georg Gapp empfiehlt, Pflanzen, die man einzunehmen gedenkt, nicht in unmittelbarer Stadtnähe zu sammeln, „weil es eine Verunreinigung durch Abgase gibt“. Die wichtigste Regel des Kräutersammelns ist jedoch: „Wenn man sich nicht zu 100 Prozent sicher ist, was man vor sich hat: nicht mitnehmen.“
Außerdem ist es rücksichtsvoll, nur so viel zu sammeln, wie man wirklich braucht. Gepflegtes Erntewerkzeug und saubere Schnitte können Pflanzenkrankheiten vorbeugen und dafür sorgen, dass etwa Bienen auch noch etwas zu naschen haben. Für Blüten und Wurzeln empfiehlt Gapp zwei Faustregeln: Bei den ersteren solle man pro Pflanze immer nur ein Viertel mitnehmen, bei der Wurzelernte die halbe Wurzel wieder eingraben. So könne daraus wieder eine neue Pflanze wachsen.
1. Brennnessel – brennen für die Gesundheit
Unterschätzt und doch vielseitig verwendbar: Die Brennesel. Foto: Georg Gapp
Jeder ist der Brennnessel schon einmal begegnet, und das nicht immer auf eine angenehme Weise. Bei Berührung mit den Brennhaaren sondert die Pflanze Histamin und Ameisensäure aus. Im Mittelalter ließen sich Menschen gegen Rheuma sogar mit der Pflanze auspeitschen. Heute verwendet man das Kraut, das brennende rote Flecken verursacht, vor allem als Entschlackungstee. Die Wirkstoffe der Brennnessel regen den Harndrang an und entziehen dem Körper Flüssigkeit. Deswegen sei geraten, zum Brennnesseltee immer eine Tasse Wasser zu trinken. „In kleinen Mengen ist die Brennnessel sehr nützlich“, erklärt Gapp. Weiters kann man sie auch als Spinatersatz verwenden. Brennnesselknödel und Brennnessel-Pesto klingen etwas seltsam, schmecken aber vorzüglich.
2. Holunder – der Klassiker
Köstlich und gesund: Holunderblüten. Foto: JeLuF
Holunder ist ein Alleskönner. Fast alle Teile dieser Pflanze können sich Kräutersammler zunutze machen. Kalt angesetzt ergeben die Blüten den beliebten Holunderblütensirup, der mit seinen schweißtreibenden und vitamin-C-haltigen Inhaltsstoffen bei Verkühlungen unterstützend wirkt. Dasselbe gilt für einen Holunderblütentee aus den getrockneten Blütenblättern. Die im Herbst reifenden schwarzen Beeren der Holunderpflanze ergeben einen köstlichen Saft. Holunderbeeren „müssen allerdings aufgekocht werden, weil sie leicht giftig sind, bevor man sie abkocht“, weiß Gapp.
3. Löwenzahn – Der Allrounder
Löwenzahn ist ein Allrounder, der fast überall üppig gedeiht. Foto: Janine Hofmann
Taraxacum officinale, so die lateinische Bezeichnung für Löwenzahn, wird bis heute in Apotheken als Heilpflanze genutzt. Das faszinierende am Löwenzahn ist, dass man mehrere Pflanzenteile zu unterschiedlichen Zeiten ernten und nutzen kann. Die Wurzel, die reich an Bitterstoffen sind, kann man zu einer Tinktur verarbeiten. Georg Gapp erklärt: „Das Bittere ist wichtig für den Körper, regt die Verdauung und die Magensäfte an und bringt den Körper wieder in Schwung.“
Pflückt man die Blätter des Löwenzahns noch bevor die Blüten entwickelt sind, kann man sie als nussig schmeckende Zutat in den Salat geben. Stehen die Blüten schon, sind die Blätter bald von den Bitterstoffen der Wurzeln durchzogen. Auch für die gelbe Blüte des Löwenzahns kennt der Kräuterexperte einige Verwendungsmöglichkeiten: einzeln ausgezupft kann man sie leicht zu einem Kräutersalz verarbeiten oder zu Löwenzahnhonig einkochen. Gapp fasst zusammen: „Beim Löwenzahn ist der richtige Ernte-Zeitpunkt wichtig: Die Wurzel bevor die Pflanze aus der Erde kommt, die Blätter bevor sich die Blüte zeigt und die Blüte sobald sie schön offen ist – am besten über die Mittagszeit, weil sie dann am stärksten duftet.“
4. Gundermann – der in Vergessenheit geratene
Bitter und gesund: Der Gundermann.
Den Gundermann (auch Gundelrebe genannt) findet man schon früh im Jahr – überall. „Wenige Leute kennen ihn, weil er recht klein ist“, meint Gapp. „Der Gundermann wächst in jedem Garten“. Dort erkennt man ihn an seinen kleinen gezahnten Blättern und den violetten Blüten. Gundermann ist reich an Vitamin C, ätherischen Ölen, Saponinen und Gelbstoffen. Durch diese Inhaltsstoffe zieht der Gundermann die menschlichen Blutgefäße zusammen. So nutzte man ihn früher auch zur schnellen Wundversorgung. Die jungen Blätter wurden auch als Gemüse gekocht und der Geschmack reicht von harzig-aromatisch über minzähnlich bis lakritzartig. Vor der Kultivierung des Hopfens wurde das bittere Pflänzchen sogar zur Konservierung von Bier genutzt.
5. Birke – der Wellnessbaum
Ein Tee aus frischen Birkenblätter entwässert den Körper. Foto: Georg Gapp
Die Birke ist nicht nur ein Quälgeist für Allergiker. Georg Gapp kennt die vorteilhaften Eigenschaften des Baums: „Birkenblätter eignen sich gut für Entschlackungskuren“. Vor allem die frischen, noch hellgrünen Birkenblätter lassen sich zu einem Tee verarbeiten, der den Körper schonend entwässert und entschlackt. Auch einer Salatschüssel könne man die frischen Birkenblätter beigeben. Eine beliebte Haarspülung ist das Birkenwasser, eine mit vielen Nährstoffen angereicherte Flüssigkeit, die der Baum in seine Blätter pumpt. Das Birkenwasser soll zum Beispiel die Durchblutung der Kopfhaut fördern. Eine Glatze verhindert das nährstoffreiche Wasser allerdings nicht. Bevor man eine Birke ‚abpumpt‘ (d. h. ein Loch in den Baum bohrt), sollte man dies mit den Besitzern abklären. Außerdem ist es wichtig, das Loch wieder gut zu verpfropfen, „damit keine Keime hineingehen. Das kann dem Baum schaden“.
Pflanzen haltbar machen
Georg Gapp empfiehlt Kräutersammlern: „Man sollte sich schon vor dem Ernten überlegen, was man mit der Pflanze tun will.“ Frisch verarbeitete Pflanzen wie die die Blätter des Löwenzahns sollte man selbsterklärend immer gut waschen. Die Kräuter trocknet man (etwa für Tees oder Kräutersalzmischungen) am besten an schattigen Orten mit Zugluft. Georg kennt einen Test, mit dem man leicht überprüfen kann, ob ein Kraut schon trocken ist: „Wenn man ein Ästlein oder ein trockenes Kraut in die Hand nimmt, den Stamm leicht biegt und er bricht, dann ist es perfekt trocken.“
Vor der Verwendung des getrockneten Endprodukts sollte man das ganze Päckchen noch einmal 24 Stunden in die Gefriertruhe geben, damit Ungeziefer und Bakterien abgetötet werden. Danach lagert man die Kräuter idealerweise in einem Glas mit luftdurchlässigem Verschluss. Allen Sammlern legt Kräuterexperte Georg Gapp einen respektvollen Umgang mit der Natur nahe: „Es gibt auch noch Bienen und andere Tiere, die sich von den Pflanzen ernähren. Die sollen überleben können.“
Rezept-Tipp: „Unkraut“ zu einer leckeren Suppe verarbeiten
Unkrautsuppe bzw. Gründonnerstagssuppe
Georg Gapp hat ein Rezept parat, mit dem man das Unkraut, das man ums Haus findet, zu einer Suppe verarbeiten kann. Die Hauptzutat der sogenannten „Gründonnerstagssuppe“, die mancherorts traditionellerweise am Tag vor dem Karfreitag verspeist wird, ist der Gundermann
Schwierigkeit: leicht
Zubereitungszeit: 50-60 min.
Portionen: 4
Zutaten:
- Jeweils eine Hand voll Löwenzahnblätter, Gundermann, Brennnessel, Knoblauchrauke, wilder Thymian, wilder Lauch
- 4 Kartoffeln
- 1 Karotte
- eine halbe Zwiebel
Zubereitung:
Zwiebel anschwitzen, Kartoffeln und Karotten dazugeben. Das ganze gut mit Wasser bedecken und ca. 40 Minuten köcheln lassen. Mit einem Mixstab cremig machen. Kräuter hacken und in die Suppe geben. Noch einmal mit dem Mixstab pürieren. Mit etwas Hanföl, Sahne und Sonnenblumenkernen garnieren und servieren.
Mahlzeit und viel Spaß beim Kräutersammeln!