Stadt mit Geschichte: Ein Tag in Schwaz mit den schönsten Sehenswürdigkeiten
Hier lässt es sich aushalten, der Arkadeninnenhof in Schwaz
Bisher habe ich bei Schwaz immer nur an eines gedacht: Das Silberbergwerk. In der Volksschule waren wir dort zu Besuch. Schon die Fahrt durch den engen Tunnel in das Innere des Bergwerks war wahnsinnig aufregend und am Ende durften wir alle eine Münze prägen. Viel mehr war mir von der Stadt Schwaz allerdings nicht mehr in Erinnerung. Umso gespannter war ich auf meine Erkundungstour durch die Stadt: Was gibt es dort eigentlich noch zu entdecken? Am Ende des Tages war klar: Schwaz und ich, das ist Liebe auf den zweiten Blick.
Die Stadt blickt auf eine bewegte Geschichte zurück – und die habe ich mir von jemandem erzählen lassen, der sich auskennt. In Schwaz werden jeden Donnerstag gratis Stadtführungen angeboten. Ich war mit Maria Egger unterwegs – sie ist seit drei Jahren Stadtführerin in Schwaz und kennt nicht nur die wichtigsten Fakten, sondern auch viele außergewöhnliche Details.
Blick zur Burg
Der Aufstieg zur Silbermetropole
Die Gegend um Schwaz wurde bereits in der Jungsteinzeit und in der Bronzezeit besiedelt. Erstmals urkundlich erwähnt wird Schwaz 930/931, im Jahr 1170 errichten die Frundsberger (auch Freundsberger genannt) einen Turm über Schwaz, der später zu einer Befestigungsanlage ausgebaut wird. Der Aufstieg der Stadt zur Bergbaumetropole begann mit dem Silberabbau im 15. und 16. Jahrhundert. Der Legende nach hat übrigens eine Magd – die „Kandlerin“ – beim Viehhüten auf der Alm im Jahr 1409 das Silber entdeckt: Ein Stier soll damals den Boden mit seinen Hörnern aufgeschürft haben und die silbererzhaltigen Steine kamen zum Vorschein. Später zeigt mir Maria Egger, dass man die Steine noch über einigen Hauseingängen in Schwaz bewundern kann – ein Zeichen, dass hier sogenannte Gewerken (diese hatten im Gegensatz zu den Knappen Schürfrechte im Bergbau) gewohnt haben.
Durch die Altstadt: Vom Rathaus zur Pfarrkirche
Unser Rundgang beginnt bei den Stadtgalerien. Das moderne Einkaufszentrum in Schwaz steht an der Stelle, wo früher die „k. k. Tabakfabrik zu Schwaz“, im Volksmund die „Tschiggin“ genannt, gestanden ist. 175 Jahre lang wurden in der Fabrik jährlich bis zu 2,6 Mrd. Zigaretten produziert.
In der Altstadt von Schwaz treffen wir auf den Gründervater der Stadt, Jörg Frundsberg. Sein Bronzestandbild schmückt das Rathaus der Stadt Schwaz. Das Rathaus war früher das Handelshaus von Schwaz und der gewaltigste nicht-kirchliche Bau aus der Bergwerkszeit: Es wurde von 1500 bis 1509 von den Gewerken Hans und Jörg Stöckl erbaut. Nachdem es an den Landesfürsten verkauft wurde, war hier auch die oberste Bergbaubehörde eingerichtet. Außerdem noch wunderschön: Der Innenhof mit drei Stockwerken und efeubewachsenen Arkadengängen.
Hier lässt es sich aushalten, der Arkadeninnenhof in Schwaz
Gegenüber vom Rathaus hat Designer Markus Spatzier sein Geschäft: Der Tiroler Designer entwirft extravagante Kleider, die auch international begeistern.
Während wir durch die Franz-Josef-Straße spazieren, erzählt Maria Egger aus der Geschichte der Stadt: Ich erfahre, dass Schwaz lange kein Stadtrecht hatte weil die Stadtmauer fehlte und Schwaz eigentlich zweigeteilt war – auf einer Seite lebten Bürger und Gewerken, auf der anderen die Knappen. Eine eigene Münzprägung hatte die Stadt aus diesem Grund ebenfalls nicht, diese fand in Hall statt.
Was hat Schwaz mit dem Elefanten zu tun?
Vor einem breiten Hofeingang bleiben wir stehen: Früher, erzählt mir Maria, mussten die Eingänge zu den Innenhöfen so breit sein, damit die Pferdekutschen dort abgestellt werden konnten. Sie zeigt auf ein Schild mit einem Elefanten: „Weißt du, warum es in vielen Tiroler Städten Gasthöfe mit einem Elefanten am Schild gibt?“
Die kuriose Geschichte dazu hat mit dem Prinz und späteren Kaiser Maximilian II. zu tun: Er bekam 1551 den Elefanten Soliman geschenkt. Dieser wurde dann über Barcelona nach Italien verschifft und am Landweg über Trient und den Brenner nach Tirol und weiter nach Wien gebracht. An vielen Stationen, die dieser erste Elefant im Land durchlaufen hat, findet man Schilder mit einem Elefant. Was aus ihm geworden ist, möchte ich wissen. Der Elefant habe noch ein Jahr in Wien gelebt, dann sei er gestorben, erfahre ich. Er wurde ausgestopft, später habe man aus seinen Knochen sogar noch einen Sessel gemacht.
Am Ende der Franz-Josef-Straße ragt die imposante Stadtpfarrkirche von Schwaz in den Himmel. Sie ist der größte gotische Bau in Tirol und noch weitgehend original aus dem Jahr 1502 erhalten. Wie durch ein Wunder wurde sie auch beim Großbrand im Jahr 1809 nicht zerstört und auch bei den Bombenangriffen im zweiten Weltkrieg blieb die Kirche größtenteils unbeschädigt. Innen sind vor allem die drei Barockaltäre (früher waren es sogar 14) und ein besonders schöner Taufstein sehenswert.
Ein Dachstuhl, der 500 Jahre hält
Am meisten beeindruckt hat mich allerdings der Dachstuhl (nur mit Führung begehbar): Er wurde vor mehr als 500 Jahren aus 770 Festmeter Holz gezimmert und ist noch originalgetreu erhalten. Der Dachstuhl trägt 15.000 Kupferschindeln mit 58 Tonnen Gewicht, die alle in Schwaz gegossen wurden. Drei Jahre lang wurde an dem Holzkonstrukt gebaut, nur mit einfachsten Mitteln: „Zimmerer Thomas Schweinebacher hat damals ein kleines Wunderwerk geschaffen“, sagt Maria Egger. Ich kann nur zustimmen.
Dieser Dachstuhl trägt 15.000 Kupferschindeln mit 58 Tonnen Gewicht
Gleich neben der Kirche liegt der Palais Enzenberg, der 1515 von Veit Jakob Tänzel erbaut wurde. Das prunkvolle Palais verfügt sogar über einen Verbindungsgang mit der Kirche, weil diese Familie große Gönner der Kirche waren. Heute ist im Palais Enzenberg die zeitgenössische Kunstgalerie der Stadt Schwaz untergebracht.
Alte Gemäuer
Wir gehen allerdings unterirdisch auf Entdeckungstour: Im 500 Jahre alten Keller des Palais. Die Gemäuer haben viel zu erzählen – schließlich ist der Keller einer der wenigen, in der Größe sogar der einzige, der noch erhalten geblieben ist. Früher diente der Keller als Lebensmittellager. Damit die Speisen kühl bleiben wurde sogar Eis von den Gletschern geholt, erzählt mir Maria Egger. Jetzt stehen im Keller alte Weinfässer, die zwar viel Charme ausstrahlen, aber leider nicht mehr genutzt werden.
Nach der Kirche und dem Keller machen wir einen kurzen Halt bei der zweistöckigen Totenkapelle aus dem Jahr 1504 mit der Michaelskapelle und der Veitskapelle. Ich entdecke eingelassene Tiere im Handlauf – wie zum Beispiel eine Schlange – sie sollen dort das Böse abhalten.
Im Stadtpark (der früher ein Friedhof war) hinter der Pfarrkirche werfe ich noch einen Blick auf den Glockenturm. Es ist nämlich so: Die Glocken sind zu schwer für den Kirchturm, deshalb wurde ein eigener Glockenturm gebaut. Zudem gibt es in Schwaz eine eigene Wetterglocke, die Maria Maximiliana, die immer dann geläutet wird, wenn ein Unwetter droht.
Arkadengräber im Stadtpark
Auf Paracelsus’ Spuren
Über die Arkadengräber spazieren wir zum Orglerhaus. Das ist der einzige Bauernhof, den es in Schwaz noch gibt und in dem Haus soll der bekannte Arzt Paracelsus während seiner Schwaz-Aufenthalte gewohnt haben. Wir treffen den Senior-Besitzer des Orglerhauses und er erzählt, dass der Keller noch genau so aussieht wie im 16. Jahrhundert, als Paracelsus hier die Krankheiten der Bergleute erforschte. Das bestätigt wenig später auch Mag. Schwitzer von der Marien Apotheke: Paracelsus sei zwei bis drei Mal in Schwaz gewesen. Sein Tod ist übrigens bis heute umstritten. Unklar ist, ob nicht auch die mächtigen Fugger etwas damit zu tun hatten – er hatte sich durch seine Arbeit mit ihnen angelegt.
Die mächtigen Fugger
Das Fugger-Haus ist auch unsere nächste Station: Mit charakteristischem Grabendach und in imposanter Größe vermittelt es auch heute noch einen guten Eindruck von dem Reichtum, den die damaligen Bewohner und die einst reichsten Menschen Europas besessen haben. Das Haus selbst entstand um 1525.
Ulrich Fugger leitet von Schwaz aus zeitweise das Imperium der Familie, denn es war auch das Schwazer Silber und Kupfer, das die Fugger-Familie zu der wohlhabendsten und mächtigsten Familie des ausgehenden Mittelalters machte. Heute sind in dem Haus, in dem einst die Reichsten wohnten, die Ärmsten der Stadt untergebracht: Im Fuggerhaus ist unter anderem die Teestube für Obdachlose eingerichtet.
Die letzte Station unseres Stadtrundgangs führt mich zum Franziskanerkloster: Dort ist vor allem der Kreuzgang eine Besonderheit. Er wurde von Pater Wilhelm von Schwaben mit Szenen aus der Passion Christi ausgeschmückt. Die Handzeichnungen wurden in den Jahren 1519 bis 1526 geschaffen. Zum Teil sind sie – trotz Restaurierung – nicht mehr gut zu erkennen. Insgesamt sind es aber sehr genaue grafische Darstellungen aus dem 16. Jahrhundert. Spannend fand ich vor allem, dass es zu jeder Malerei einen Spender oder eine Spenderin gab: Diese sind jeweils mit Wappen – Männer sogar mit Porträt – am Rand dazu abgebildet. Man durfte sich also die „Lieblingsszene“ der Passion aussuchen, spendete dann ein Bild und der Weg in den Himmel war garantiert.
Schwaz, das war schön!
Beeindruckt von den vielen Besonderheiten spaziere ich noch einmal durch die Fußgängerzone: Schwaz hat mich an diesem Tag immer wieder überrascht. Zum Abschluss fahre ich noch zum Silberbergwerk: Über die Straße huscht eine Besuchergruppe in silbernen Schutzmänteln, sie kommen gerade aus dem Bergwerk. Ob sie jetzt wohl noch eine Münze prägen?
Tipp: Burg Freundsberg
Die ehemalige Befestigungsanlage der Stadt, die Burg Freundsberg, in der heute unter anderem das Museum der Stadt und ein Cafe/Restaurant untergebracht sind, thront majestätisch über der Stadt. An meinem Tag in Schwaz war die Burg leider geschlossen. Die Aussicht von der Burg auf die Stadt war trotzdem fantastisch.
Der Turm von Burg Freundsberg
Einkehren:
Hervorragend gegessen habe ich bei meinem Schwazbesuch im Gasthaus Himmelhof: Im schattigen Gastgarten des gemütlichen Wirtshauses habe ich mich zwischen den spannenden Stationen gestärkt.