Stadt mit Geschichte: Ein Tag in Hall in Tirol und den besten Sehenswürdigkeiten
Ich wusste es schon vorher: Hall steht auf meiner Lieblingsorte-in-Tirol-Liste ganz weit oben. Die charmante Altstadt mit ihren verwinkelten Gassen begeistert mich jedes Jahr aufs Neue mit ihrem außergewöhnlichen Christkindlmarkt und immer, wenn ich die Stadt besuche, fühlt es sich an, als würde ich durch ein italienisches Städtchen spazieren. Mein Tag in Hall hat mir aber noch etwas anderes gezeigt: Die Stadt-Liebe steckt oft im Detail. Hall blickt auf eine lange Geschichte zurück und stieg bereits im 13. Jahrhundert durch den Salzabbau zur wichtigen Handelsstadt auf. Wie wichtig der Salzabbau für die Stadt war, zeigt sich auch im Stadtwappen: Dort sind zwei Löwen, die ein Salzfass halten, abgebildet. Und auch der Name der Stadt selbst – Hall – weist auf die Verbindung mit Salz hin.
Später – als in Schwaz im 15. Jahrhundert mit dem Silber- und Kupferabbau begonnen wurde – verlegte man die Münzprägung von Meran in Südtirol nach Hall und die Stadt wurde zur Münzstätte Tirols. Hall gehörte während dieser Zeit zu den bedeutendsten Städten der Habsburger. Zeugnisse aus der bewegten Geschichte sind in der ganzen Stadt zu finden – und wer genau hinsieht, bemerkt nicht nur die großen Spuren aus der Vergangenheit, sondern findet auch kleine Details, die oft mit Modernem und Neuem kombiniert wurden und doppelt begeistern.
Stadtbrunnen am Oberen Stadtplatz
Hall macht Geschichte
Wie beginnt man eine Entdeckungstour durch Hall? Am besten ganz klassisch mit dem Offensichtlichen: Der Münze Hall und der Burg Hasegg. Ich treffe Anita Töchterle vom Tourismusverband Hall, die mich einen Vormittag lang begleitet und mir die wichtigsten Sehenswürdigkeiten zeigt, bevor ich die Stadt alleine erkunde. Am Weg zur Münze Hall kommen wir an einer Ausgrabungsstätte vorbei: „Hall steht im Bewerbungsprozess für die Aufnahme als UNESCO Weltkulturerbe“, erklärt mir Anita Töchterle. Jetzt sucht ein Team aus Archäologen und Ehrenamtlichen nach Überresten der Antriebsanlagen der Walzenprägemaschinen, die aus dem 16. Jahrhundert stammen könnte.
Die kleine Stadt Hall war im 15. und 16. Jahrhundert für die Wirtschaft Europas von großer Bedeutung: Da war zum einen die weltweite Verbreitung des Talers von Hall aus – die wichtigsten Währungen der Welt wie etwa der US-Dollar oder der Yen gehen sogar auf den Taler zurück – und die Entwicklung der Walzenprägetechnik. In Hall wurde die Walzenprägemaschine sogar zur serienreifen Produktion weiterentwickelt und konnte exportiert werden – und das schon im 16. Jahrhundert, 200 Jahre vor der industriellen Revolution.
Jedem Kaiser eine Münze
Wir spazieren durch die modernen Ausstellungsräume des Museums der Münze Hall: Anita zeigt mir die verschiedenen Münzen und erzählt, dass für alle Herrscher eigene Münzen mit ihrem Konterfei geprägt wurden und diese auch an ihr fortgeschrittenes Alter angepasst wurden. Das müsste man sich heute einmal überlegen: Bei jedem Kanzler- und Präsidentenwechsel müssten wieder alle Münzen ausgetauscht werden.
Ich sehe auch den begehrten Maria-Theresien-Taler, der in Teilen Afrikas bis ca. 1945 offizielles Zahlungsmittel war. Er hat auch auf der Seite eine Prägung und war besonders fälschungssicher. Heute wird in der Münze Hall für spezielle Anlässe und Sonderanfertigungen immer noch geprägt – und natürlich dürfen auch Besucher eine eigene Münze mit nach Hause nehmen.
Wir spazieren durch den Burginnenhof und meine Stadtführerin zeigt hinauf zum Burgturm: „Dort sind die Turmfalken“. Ich schaue verwundert auf das kleine Fenster: „Es gibt eine Kooperation mit dem Alpenzoo. Wir ziehen im Burgturm Turmfalken auf, Mitarbeiter des Museums kümmern sich um sie und füttern sie. Die Tiere können über eine Webcam beobachtet werden und fliegen durch dieses Fenster ein und aus.“
Altstadtrunde: Von Münzarmen und Haller Törtchen
Jetzt will ich die Altstadt erkunden: Bisher kenne ich sie nämlich nur vom Christkindlmarkt. Am unteren Stadtplatz macht mich Anita auf den Sigmundsbrunnen aufmerksam. Die Brunnenfigur, die Erzherzog Sigmund von Tirol darstellt (er verlegte die Münzstätte nach Tirol und ließ die ersten Taler prägen) wurde vom Linzer Künstler Rudolf Reinhart geschaffen. Zum Schmunzeln bringt mich die Inschrift: Sigmund der Münzreiche von Reinhart dem Münzarmen.
Die besonderen Geschäftsschilder, Brunnenfiguren und Straßenzeichen des Metallbildhauers Reinhart sind übrigens in der ganzen Stadt verteilt zu sehen. In der Diana-Bar des Traditionsgasthauses „Goldener Löwe“ (am Oberen Stadtplatz) gibt es außerdem zahlreiche seiner Plastiken zu besichtigen.
Am Weg zum oberen Stadtplatz, der über acht Gassen erreichbar ist, kommen wir am Café Lizette vorbei: Wie in der Auslage kann man hier seinen Kaffee genießen, das Gewusel in der Gasse hat man dabei immer im Blick.
Der obere Stadtplatz ist das Herz der Altstadt. Im Schatten der mächtigen Pfarrkirche St. Nikolaus laden gemütliche Kaffeehäuser zur Pause ein – und wieder fühle ich mich ein bisschen an Italien erinnert. Anita gibt mir einen Tipp für Kaffee und Kuchen: Die Konditorei Weiler ist in Hall berühmt, nicht nur für ihre Haller Törtchen. Das muss ich ausprobieren.
Herzstück der Altstadt
Gleich neben der Pfarrkirche thront das Rathaus der Stadt: Unverkennbar mit seinem steilen Dach und den rot-weiß-roten Fensterläden wacht es über dem Platz. Im Rathaus befindet sich die Ratsstube, die auch als Trauungssaal genutzt wird. Einen Besuch wert ist auch die Magdalenenkapelle, die an der Ostseite der Pfarrkirche steht. Im Inneren sind gotische Kunstwerke, darunter die ältesten Fresken von Hall, zu bewundern.
Trauungssaal im Rathaus
Im Keller des ehemaligen Fürstenhauses, auch beim Oberen Stadtplatz, ist das Bergbaumuseum untergebracht. Das Museum erinnert an die Zeit Halls als Salzstadt: Seit dem 13. Jahrhundert bis 1967 wurde in Hall Salz abgebaut, zuletzt in einem Stollen im Halltall. Das Museum ist eine Nachbildung dieses Stollens und vermittelt durch Schächte, Werkzeuge und Mineralien einen guten Eindruck, wie es sich anfühlt, „unter Tag“ zu sein.
Alt und neu
Unsere Erkundungstour führt weiter durch die kleinen Gassen: Immer wieder fallen mir die Eisenklammern in den Häuserwänden auf. Was ist das? „Erdbebenklammern“, erklärt meine Expertin. „Große Teile Halls wurden im Jahr 1670 durch ein schweres Erdbeben zerstört. Unter anderem stürzte dabei auch der Turm der Pfarrkirche ein.“
Wir kommen zum Büro im Laden, einem Concept Store in alten Gemäuern: Hier wird das Alte mit Neuem perfekt kombiniert. Besitzerin Katrin Siller arbeitet in ihrem Shop und verkauft zudem ausgewählte Lieblingsstücke. Der Laden selbst erzählt Geschichte: Das Mauerwerk ist über 500 Jahre alt, im unteren Bereich ist eine Latrine sichtbar: „Das war eigentlich die Abfallgrube. Diese Latrinen lassen viele Rückschlüsse auf das Alltagsleben früher zu“, erfahre ich.
Büro im Laden in Hall in Tirol
Alt und neu gibt es in Hall oft in den schönsten Kombinationen: In einer Bäckerei, die ursprünglich eine Kapelle war, kann man an der Wand ein wunderschönes Fresko bewundern. Und vom pinken Backshop Villa Kuchenbunt in der Rosengasse aus sieht man in den urigen Innenhof mit holzverkleideten Stiegen, viel Efeu und – richtig: Erdbebenklammern an der Häuserwand.
Moderne Baukunst als interessanten Kontrast kann man außerhalb der Altstadt bewundern: Das Parkhotel, das vor dem imposanten Bergpanorama in die Höhe ragt oder die Privatuniversität UMIT, an der 1550 Menschen studieren.
Hall, du Schmuckstück!
Nachdem ich mich von Anita verabschiedet habe, spaziere ich noch einmal alleine durch die Gassen. Ich komme am Stiftsplatz mit dem Jesuitenkloster und dem benachbartem Damenstift, der Herz-Jesu-Basilika vorbei. Die Schwestern vom Orden „Töchter des Herzen Jesu“ haben sich der ewigen Anbetung im Gebet verschrieben.
In der Milser Straße entdecke ich das Guarinoni – Haus – dort wird zwar gerade gebaut, das bunte Mosaik an der Hausfassade, das an den Stiftsarzt Dr. Hippolytus Guarinoni erinnert, kann ich trotzdem bewundern. Zum Schluss kehre ich noch einmal zur Burg Hasegg zurück und steige auf den Turm: Von oben genieße ich die Aussicht auf Hall: Schön ist die Stadt – mit ihren barocken Türmen, der bunten Altstadt, den modernen Bauten und dem mächtigen Bergmassiv im Hintergrund. Du schöne Stadt, wir sehen uns bald wieder!
Fotos: Carlos Blanchard