Einleuchtende Idee: Lampen aus Holz
Ökobilanz blendend: Harald Hofer (li.) und Felix Fehr in der „Almleuchten“- Werkstatt bei Innsbruck. Die Maschinen werden mit Ökostrom aus sauberer Wasserkraft betrieben.
FOTOS: JENS SCHWARZ
Harald, du hast vor Jahren eine Lampe entworfen, deren Schirm aus Plastikstrohhalmen bestand – eine schöne Upcycling-Idee. Wieso setzt ihr jetzt Holz statt Kunststoff ein?
Harald: Zufall, Schicksal, Wink mit dem Holzpfahl, ich weiß es nicht. Vor fünf Jahren waren meine Trinkhalmlampen brandheiß, das EU-Verbot von Einwegplastik war noch kein Thema. Um sie erfolgreicher zu vermarkten, habe ich einen Workshop für Kreative besucht – und dort Felix kennengelernt. Am Ende des Kurses sollten die Teilnehmenden in Gruppen eine gemeinschaftliche Geschäftsidee entwickeln. Da ich gelernter Tischler bin, lag Holz als Material nahe.
Felix: Zwischen Harald und mir hat es schnell gefunkt. Wir schätzen beide die Arbeit mit Holz, aber vor allem wollten wir das Projekt nutzen, um etwas Handfestes abzuliefern. Am Ende waren wir die Einzigen, die nicht nur mit einer PowerPoint-Präsentation vor der Jury standen. Unsere Hängeleuchte H1 und die Blockleuchte B1 waren versandfertig. Einer der Coaches wollte gleich eine kaufen.
Das Licht dringt teilweise durch die Holzfasern. Von den Spektralfarben schafft es nur das orange und rote Licht auf die andere Seite.
Je dichter das Holz ist, desto intensiver ist der Farbton.
Lampen zu fertigen war doch sicher Haralds Idee …
Harald: Ich habe einmal ganz beiläufig mit der Kreissäge dünne Scheiben von Holzresten geschnitten und zur Seite gelegt. Nachmittags schien die Sonne durchs Fenster – orangerot durch die Holzscheiben hindurch. Als würden die Lichtstrahlen das Holz röntgen.
An Stellen, wo der Baum verletzt war und sich mit Harz verarztet hat, leuchtet das Holz fast blutrot – ohne farbige Glühbirne. Wie entsteht dieser Effekt?
Felix: Holz wird bei der Verarbeitung meistens in Wuchsrichtung vom Baum geschnitten, längs der Holzfasern. Unsere Holzscheiben sind ein Querschnitt des Stammes, Licht kann also teilweise durch die Fasern dringen. Von den Spektralfarben, aus denen weißes Licht besteht, schafft es nur das langwellige, flachkurvige orange und rote Licht auf die andere Seite. Je dichter das Holz ist, also wie eng beisammen die Jahresringe eines Baumes stehen, desto intensiver ist der Farbton. Das Licht ist bei jeder Lampe so einzigartig wie das Holz, aus dem sie besteht.
Ihr verwendet nur naturbelassenes Altholz von Tiroler Almhütten und Bauernhäusern. Wie kommt ihr an euer Rohmaterial?
Felix: Klinkenputzen! Ich frage Bauern und Zimmerer, ob und wo gerade eine alte Stube oder ein Dachboden abgebaut, ein Stadel oder eine Tenne abgerissen wird. Inzwischen kennen uns schon einige und legen sogar extra Holz zurück.
Ist das alte Holz denn immer brauchbar?
Harald: Balken mit Nägeln oder mit Einschusslöchern vom Jäger oder aus dem Zweiten Weltkrieg sind tückisch, weil das Sägeblatt reißt, wenn die Bandsäge auf Metall trifft. Morsche Balken von der Wetterseite nehmen wir auch nicht her. Aber das geschützte Gebälk eignet sich auch noch mit 300 Jahren auf dem Buckel. Holz ist ein robuster Rohstoff – besonders die Zirbe. Die wächst da, wo andere Bäume längst aufgegeben haben, jenseits von 1.800 Metern. Höher gelegene Almhütten bestehen deshalb meist aus Zirbenholz. Dieses Holz duftet wirklich ganz zart, sobald es warm wird. Zirbenholz bekommen wir aber nur selten. Vor Kurzem bekamen wir einen Block, aus dem wir 30 x 30-Zentimeter-Scheiben schneiden konnten – das war natürlich der Hammer. Meist arbeiten wir mit Fichten- und hellem Kiefernholz. Der Materialnachschub ist auch der Grund, warum wir nicht alle Lampenmodelle als Serie herstellen, sondern einige nur in geringer Stückzahl.
Liebe zum Holz: Wenn der Förster anruft, holt Felix Fehr auch mal einen alten Fichtenbalken auf 2.300 Metern Höhe ab.
Der Name „Almleuchten“ bezieht sich auf die regionale Herkunft eurer Produkte …
Felix: Gib’s zu, du hast auch zuerst Armleuchter gelesen. Und das war Absicht. Der Firmenname sollte für Heimat stehen – wir wollten uns aber auch ein bisschen selbst auf die Schippe nehmen.
Das Thema Nachhaltigkeit ist euch dafür sehr ernst.
Harald: Es ist doch irre: Eine Fichte filtert in 50 Jahren fast 1,5 Tonnen CO2 aus der Luft. Fällen wir sie, bietet sie uns ein Dach über dem Kopf. Aber sobald das Holz schwächelt, wird es verbrannt und bläst dabei wieder CO2 in die Luft. Das ist kein gutes, gesundes Ende. Wir retten das Holz und lassen es noch lange Zeit leuchten.
Was ist mit den verarbeiteten Kunst- und Klebstoffen?
Harald: Der Leim ist biologisch abbaubar, Stahlständer und Elektronik kann man recyceln. Deshalb kann man jede Lampe ganz einfach in ihre Einzelteile zerlegen. Bei manchen Modellen ist der Einsatz einer Acrylscheibe nötig, damit sie das rote Licht in die richtige Richtung werfen – und nicht etwa das Abendessen unappetitlich rot erscheinen lassen.
Wie langlebig sind die Lampen?
Harald: Einige meinen, das Holz würde im feuchten Bad faulen oder durch die heiße Glühbirne abfackeln. Aber Holz kann Feuchtigkeit wie ein Schwamm aufnehmen und abgeben, sofern man gut lüftet. Außerdem brennt es erst ab 200 Grad. Ansonsten zeugen minimales Schwinden, Knacksen, Rissbildung oder Verziehen von einem lebendigen Wesen. Das verleiht der Leuchte noch mehr Charakter.
Das Holz wird in vier bis fünf Millimeter dünne Scheiben zugeschnitten.
Handarbeit und unverwechselbare Rohmaterialien machen jede Almleuchte zum Unikat.
Die Hängeleuchte H2 besteht aus übereinandergeschichteten Altholzscheiben.
Aus einem Balkenmeter entstehen bis zu 25 Wand- und Deckenleuchten oder fünf massive Blocklampen.
Ein Schildchen an jeder Lampe erzählt von der Herkunft des Rohmaterials – aus welchem Holz sie quasi geschnitzt ist.
Felix: Ist doch toll zu wissen, dass einem ein Balken aus dem Zillertal oder den Stubaier Alpen, der viel erlebt hat, jetzt in neuer Gestalt nachts den Weg zum Bad leuchtet oder das Wohnzimmer in warmes Licht taucht. Ein paar Lampen haben wir etwa aus einem Fichtenbalken der „Geierwally“- Hütte am Hafelekar über Innsbruck gebaut, wo 1956 der Film zum gleichnamigen Roman gedreht wurde. Die wurde 2016 nach einem Brand renoviert – das war unsere Chance!
Können Kunden auch ihr eigenes Holz anschleppen?
Harald: Natürlich! Wenn dein Herz am alten Schuppen von Opa hängt, lassen wir die Erinnerung daran aufleben. Wir freuen uns über jedes Stück Holz, aus dem etwas Neues entstehen kann. Im Herbst und in der Vorweihnachtszeit haben wir meistens viel zu tun. Da haben die Menschen einen ganz besonderen Sinn für Licht.
Das Schild an jeder Lampe verrät die Herkunft des Rohmaterials.
Harald Hofer, 50, hat an der höheren technischen Lehranstalt „gelernt, wie man eine Kreissäge einschaltet“ (so beschreibt er sein Diplom).
Felix Fehr, 33, kombinierte sein Architekturstudium mit einer Schreinerlehre, „durfte aber mehr als Späne zusammenkehren und Jause holen.“ Noch läuft die „Almleuchten“- Produktion nebenberuflich. Felix arbeitet in einem Architekturbüro, Harald für den Innenausbau. Aus dem „noch“ soll aber bald ein „nicht mehr“ werden.