Stadt mit Geschichte: Ein Tag in Kufstein mit den besten Sehenswürdigkeiten
© Tirol Werbung / Marshall George
Die Reise nach Kufstein kann nur mit einem Klassiker beginnen. Und mit welchem? Dem Kufsteinlied natürlich.
Kennst du die Perle,
Die Perle Tirols.
Das Städtchen Kufstein,
Das kennst du wohl,
Umrahmt von Bergen,
So friedlich und still,
|: Ja, das ist Kufstein
Dort am grünen Inn. :|
Mit dem weltbekannten Schlager von Karl Ganzer im Ohr beginnt meine eintägige Entdeckungstour durch die zweitgrößte Stadt Tirols. Vor kurzem habe ich noch einen Artikel gelesen: „Kufstein hat wenig Sehenswürdigkeiten, aber einen Welthit“, war die Überschrift. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das nicht stimmt: Schließlich ließen sich schon vor 30.000 Jahren in dem Gebiet um Kufstein die ersten Siedler nieder. Die Stadt selbst war immer wieder umkämpft: Habsburger, Bayern und Tiroler klopften – mit unterschiedlichem Erfolg – immer wieder an die Tore der mächtigen Festung Kufstein.
Die Festung ist es auch, die mich schon von weitem begrüßt. Erhaben thront sie seit Jahrhunderten über der Stadt. Wie das wohl gewesen sein mag, als innerhalb der Mauern noch Ritter und Knechte wohnten und Kaiser Maximilian I zum Sturm auf die Festung rief?
Die bedeutsame Geschichte Kufsteins ist nicht nur nahe der Festung zu spüren: An zahlreichen Ecken der Stadt entdecke ich an diesem Tag Historisches. Zugleich bietet Kufstein aber auch Platz für Modernes: Oft liebevoll renoviert und mit scharfen Blick fürs Detail ausgewählt, erstrahlt in der Stadt Altes in neuem Glanz.
1205 wurde die Festung Kufstein zum ersten Mal urkundlich erwähnt. © Tirol Werbung / Marshall George
Entdecken: Kultur Quartier Kufstein
Ein gelungenes Zusammenspiel von Alt und Neu zeigt das Kultur Quartier Kufstein. Dort, wo bis vor fünf Jahren das alte Laadhaus stand – ein markanter Bau, in dem unter anderem eine Seifensiederei und der K&K Tabakhauptverlag untergebracht waren – ist nun ein moderner Treffpunkt entstanden. Auf dem geschichtsträchtigen Platz sitzen heute die Gäste des Stadthotels ARTE beim Frühstück in der angrenzenden Bar „Vitus und Urban“. „Das Hotel wurde 2016 eröffnet“, erzählt mir ein Mitarbeiter. Das große Frühstücksbuffet in der hippen Bar macht auf jeden Fall Appetit: Zum Glück ist das Buffet auch für Nicht-Hotelgäste geöffnet. Um 16 Euro kann hier täglich ausgiebig gefrühstückt werden.
Neben Hotel und Bar, einer Bankfiliale, einer Parfümerie und weiteren Geschäftsflächen beherbergt das Kultur Quartier am Oberen Stadtplatz zukünftig auch das Stadttheater: 175 Besucher werden hier in einem modernen Theatersaal Platz finden.
Spazieren: Römerhofgasse
Nicht weit vom Kultur Quartier entfernt liegt die Römerhofgasse. Die verwinkelte, kleine Gasse mit Kopfsteinpflaster wirkt wie aus alter Zeit. Die Fassaden sind mit Malereien und bunten Erkern geschmückt und kunstvoll gefertige Schilder zeigen das nächste Gasthaus an. Neben Kitsch und Kinderdirndln finde ich hier auch das berühmte Auracher Löchl und das legendäre Batzenhäusl Schicketanz. Für das Batzenhäusl, Kufsteins ältestem Weinhaus, das vor mehr als 530 Jahren erbaut wurde, wird aktuell ein neuer Pächter gesucht. Schade, das Gedicht an der Häuserwand klingt vielversprechend:
„Was für Pisa der Turm, was für den Fischer der Wurm, was dem Edelstein der Glanz, ist für Kufstein das Batzenhäusl Schicketanz“
Pause machen: Auracher Löchl
Ein Gasthaus weiter, im Restaurant Auracher Löchl trägt der Koch gerade ein großes Tablett mit knusprig gerösteten Zwiebeln vorbei: Es gibt Kasspatzln – also Käsespätzle – in dem mehr als 600 Jahre alten Traditionsgasthaus. In den urigen Stuben mit viel dunklem Holz schmecken diese sicher besonders gut. Die außergewöhnliche Stimmung im Haus wusste übrigens schon Karl Ganzer zu schätzen: Der Komponist des berühmten Kufsteinlieds war im Auracher Löchl oft zu Gast und hat sein bekanntestes Werk hier gesungen.
Von einer Stube aus sieht man sogar in die Gin-Bar unterhalb des Auracher Löchls, den „Stollen 1930“. Über 850 Sorten Gin stehen aktuell zur Auswahl, 888 verschiedene Flaschen sollen es noch werden.
Neben dem traditionellen Gasthaus gibt es im Auracher Löchl noch eine Besonderheit: Über die Römerhofgasse, vom Gasthaus Auracher Löchl zum Hotel Träumerei #8 (ehemals Hotel Auracher Löchl) auf der anderen Seite, spannt sich eine kleine Brücke, in die zwei Räume passen: Das kleineste Brückenrestaurant der Welt kann inklusive 5-Gänge-Menü für den romantischen Abend zu zweit reserviert werden. Vielleicht auch gleich für den Heiratsantrag?. „Das kommt sehr oft vor“, schmunzelt ein Mitarbeiter. „Das Brückenrestaurant ist fast immer gebucht. Das muss man unbedingt mindestens einen Monat vorher reservieren.“
Stehenbleiben: Karl Ganzer Denkmal
Ein paar Meter neben dem Auracher Löchl laufe ich meinem Ohrwurm von der Autofahrt schon wieder über den Weg: Ich stehe vor dem Karl Ganzer-Denkmal. 1946 hat der musikalische Autodidakt das berühmte Kufsteinerlied komponiert und die Stadt als „Perle Tirols“ weltweit bekannt gemacht: Mehr als 1000 unterschiedliche Versionen soll es angeblich von dem Lied geben.
Zuhören: Heldenorgel
Von der Römerhofgasse ist es nicht mehr weit bis zur Festung Kufstein. Wer zur Mittagszeit dort ist, darf sich auf keinen Fall das Konzert der Heldenorgel entgehen lassen. Seit 1931 ist die weltgrößte Freiluftorgel im Bürgerturm der Festung untergebracht.
Jeden Tag um 12 Uhr (im Juli und August auch um 18 Uhr) wird Kufstein mit Orgelmusik aus 4.948 Pfeifen und 46 Registern beschallt. Das beste Hörerlebnis hat man am überdachten Vorplatz zur Festung. Außerdem kann man dort den Organisten bei der Arbeit beobachten – und sich vielleicht sogar ein Musikstück wünschen. „Für die Dame aus Holland spiele ich heute ein besonderes Stück“, kündigt Hans Berger an diesem Tag bei der Begrüßung an. Seit 2009 spielt er abwechselnd mit seinem Sohn Johannes und zwei weiteren Musikern das Orgelkonzert. 20 Minuten dauert die außergewöhnliche Musikvorführung, die immer mit dem Stück „Der gute Kamerad’“ endet.
Erleben: Festung Kufstein
Mit dem gläsernen Aufzug geht es anschließend hinauf in die Festung. Heute lässt sich das Wahrzeichen Kufsteins leicht erobern, Anfang des 16. Jahrhunderts hatte Kaiser Maximilian I damit noch mehr Schwierigkeiten: 1504 rief der Habsburger Herrscher zum Sturm auf die Wehranlage. Damit ihm das gelang, mussten schlussendlich sogar die zwei stärksten Kanonen des Kaisers mit den Namen Purlepaus und Weckauf von Innsbruck mit dem Floß nach Kufstein gebracht werden. Nach der Eroberung ließ Maximilian die Burg zur Festungsanlage ausbauen.
Immer wieder war die Festung im Lauf der Geschichte Schauplatz von Belagerungen und Kämpfen und diente sogar als Gefängnis. Heute ist das ehemals umkämpfte Bollwerk Ausstellungsort, Museum und Veranstaltungsort für Konzerte und Theater.
Staunen: Riedl Glashaus
Riedel Gläser sind weit über die Grenzen Tirols hinaus bekannt: Handgefertigt und mundgeblasen steht jedes Glas für höchste Qualität. Hinter dem Glasblasen steckt eine mehr als 2.000 Jahre lange Geschichte. Wer mehr über diese alte Kunst und die Herstellung von Riedel Gläsern und das Zusammenspiel von Glas und Wein erfahren möchte, für den ist der Besuch der Glasmanufaktur in Kufstein ein Muss.
Hinauffahren: Kaiserlift
Wer Kufstein noch aus anderer Perspektive erleben möchte, der nutzt am besten den Kaiserlift: Etwas ungewöhnlich, aber herrlich entspannend gondelt man hier in knapp 25 Minuten im Sessellift bis zur Bergstation Brentenjoch. Bei der Modernisierung des Kaiserlifts im Jahr 2015 hat man sich bewusst für die Ein-Personen-Sessel entschieden: Dann bleibt nämlich mehr Zeit zum Genießen.
Spätestens oben am Berg angekommen wird jedem klar, dass Tirol seinen Beinamen „Land im Gebirg’“ nicht zufällig erhalten hat. Das Panorama ist atemberaubend, sogar für mich als Tirolerin: Auf einer Seite das Inntal mit Blick Richtung Deutschland, auf der anderen ragt das Kaisergebirge in den Himmel. Nahe Kufstein kann ich sogar einen Badesee erkennen. Ob das der beliebte Hechtsee ist?
Das Kaisergebirge steht seit 1963 unter Naturschutz. Der Kaiserlift ist die einzige Aufstiegshilfe. Aber am schönsten lässt sich die Natur hier sowieso beim Wandern entdecken.
Geschützt ist auch das Kaisertal, Fundstätte der 30.000 Jahre alten Zeugnisse der ersten Siedler. Das Tal war zudem lange Zeit das letzte bewohnte Tal Österreichs ohne Straßenanbindung. Erst seit 2008 führt eine Straße ins Kaisertal (Zufahrt über Ebbs, nahe Kufstein), sie darf aber nur von Berechtigten und Anwohnern genutzt werden. Wer im Kaisertal unterwegs ist: Die Einkehr beim Pfandlhof lohnt sich.
Einkehren: Brentenjochalm
Kurz unterhalb der Bergstation auf 1200 Metern entdecke ich die Brentenjochalm: Die vielen Blumen rund um die urige Alm und die Naturkulisse machen den Anblick fast kitschig schön. Wirtin Leni Kaindl, die seit vielen Jahren die Brentenjochalm bewirtschaftet, serviert mir eine deftige Speckjause. Bei Kuhglockengebimmel überlege ich, ob ich am Samstag wiederkomme: Da macht Leni nämlich ihre berühmten ausgezogenen Nudeln und Zillertaler Krapfen.
Herumfahren
Die Umgebung zu erkunden lohnt sich auch in Kufstein: Sehenswert ist das Passionsspielhaus Erl, in dem jährlich die Tiroler Festspiele stattfinden. Einkehrtipp in Erl: Das Gasthaus Blaue Quelle, das gerade vom Wirtshausführer zu den Top-Aufsteigern gewählt wurde.
Das Passionsspielhaus in Erl ist ein architektonisches und akustisches Meisterwerk.