Nationalpark Hohe Tauern: Eine bewegte Geschichte
Steinböcke im Nationalpark Hohe Tauern. © Solvin Zankl
Osttirol gilt als einer der ursprünglichsten und schönsten Flecken des Landes. Wälder, ungezähmte Flüsse, Bergseen und einige der höchste Gipfel Österreichs prägen das Gesicht der Region. „Doch die Unberührtheit war in Gefahr“, erzählt Carola Trojer aus Matrei. Die Mitdreißigerin arbeitet als Rangerin im Nationalpark Hohe Tauern.
Carola Trojer ist Rangerin im Nationalpark. © Bert Heinzlmeier
Steinadler in Osttirol. © Gunther Gressmann
Staudamm vs. Naturlandschaft
Ein Rückblick: Bei Kals soll in den 1980er Jahren der größte Staudamm Österreichs entstehen. Die Gletscherbäche des Dorfertales bieten ein enormes Potenzial zur Energiegewinnung. Die einen versprechen sich sauberen Spitzenstrom und zahlreiche Arbeitsplätze in einer strukturschwachen Region. Die anderen wollen sanften Tourismus und den Erhalt der einzigartigen Naturlandschaft. Die Politik ist gespalten und selbst durch viele Familien geht ein Riss.
Nach jahrelangem Tauziehen regt sich zunehmend Widerstand gegen das Großprojekt. Schließlich setzen sich die Naturschützer durch und die Kraftwerks-Pläne werden fallen gelassen. Genau 30 Jahre ist das nun her. Zeitgleich hatten die angrenzenden Bundesländer Kärnten und Salzburg bereits Schritte für einen Nationalpark nach US-Vorbild gesetzt. Doch es soll noch bis 1992 dauern, bis mehr als ein Viertel der Fläche Osttirols dem Nationalpark Hohe Tauern zugesprochen wird.
Das Alpen-Murmeltier ist allgegenwärtig im Nationalpark. © Hannah Assil
Audio: Carola Trojer über den sorgsamen Umgang mit der Natur.
„Die Natur ist mein Klassenzimmer“ sagt Carola Trojer. © Bert Heinzlmeier
Forschung und Artenschutz
Heute ist der Nationalpark das größte Schutzgebiet Österreichs und genießt internationales Renommee. Der Park gliedert sich in eine Außenzone, in der traditionelle Almwirtschaft betrieben wird, eine Kernzone und ein Wildnisgebiet, das frei von menschlichem Einfluss ist. Zu den wichtigsten Aufgaben des Parks gehören Forschung, Artenschutz und Bewusstseinsbildung.
Früher wollte Carola Lehrerin werden, jetzt habe sie ohnedies den „besten Job der Welt“, wie sie meint. Als Rangerin führt sie Besuchergruppen mit Fernglas und viel Hintergrundwissen durch den Nationalpark. Dafür braucht es – neben einer fundierten Ausbildung – eine gute Kondition und viel Liebe zur Natur. Die Osttirolerin ist Spezialistin für die „Big 5 der Alpen“: Steinböcke, Gämsen, Murmeltiere, Steinadler und Bartgeier.
Der Nationalpark Hohe Tauern ist das größte und älteste Schutzgebiet Österreichs. © Bert Heinzlmeier
Daten und Fakten zum Nationalpark
Gründung: 1981
Fläche: ca. 2 x so groß wie Berlin (1.800 km²)
Bundesländer: Tirol, Salzburg, Kärnten
Tierarten: 10.000
Pflanzenarten: 1.800
Höchster Berg: Großglockner (3.798 Meter)
Gletscher: 342
Wasserfälle: 26
Bergseen: 550
Die Gämse – eine der „Big 5“ der Alpen. © Nationalpark Hohe Tauern
Arche Noah für seltene Arten
„Oft staunen die Kinder, wie groß die Hörner des Steinbocks sind“, schmunzelt Carola. Seltene Spezies, die anderswo längst verschwunden sind, haben im Nationalpark ihr letztes Refugium. Der Bartgeier etwa gehört zu den größten Vögeln der Welt und wurde erst 1986 wieder in den Hohen Tauern angesiedelt. Manchmal braucht es jedoch einen geschulten Blick, um die Schätze der Natur zu entdecken. „Es ist schön, wenn die Leute sagen: Das hätte ich allein nie gesehen“, findet die Rangerin.
Audio: Carola Trojer über das „Junior Ranger“-Programm im Nationalpark Hohe Tauern.
Von klein auf Umweltschützer
Besonders den Kleinsten möchte Carola zeigen, wie wichtig eine intakte Umwelt ist. „Wir müssen dafür sorgen, dass auch unsere Enkelkinder noch ein schönes Plätzchen auf der Erde haben“. Um dieses Bewusstsein zu schaffen, gehen die Ranger auch in die Schulen Osttirols und die Kinder können sich in den Sommerferien als „Junior-Ranger“ bewerben. Das Schutzgebiet ist frei zugänglich, bietet aber auch geführte Touren, Schneeschuhwanderungen, Vorträge und Ausstellungen an. All das ist keine Selbstverständlichkeit. Beinahe wäre hier nicht Österreichs größter Nationalpark, sondern die höchste Staumauer des Landes entstanden.